"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Montag, 30. März 2015

Mother of Earth

Irgendwie verteilte Rollen, ausnahmsweise mal wieder Musikinformationen im Erstblog. Heute ist aber der 19. Todestag von Jeffrey Lee Pierce, da kann man auch in beiden Blogs über Gun Club schreiben. J.L. Pierce war Teil der frühen L.A. Punkszene, Vorsitzender eines Blondie-Fanclubs. Er hing mit Keith Morris von Black Flag und den Circle Jerks ab, war also bei der Entstehung des Hardcore-Punks nahe dabei. Sein eigener musikalischer Weg war ein anderer. Mit seiner Band Gun Club veröffentlichte er 1981 das Album Fire of Love, das klar ein Punk-Album war, aber auch tief im Blues und in Bluegrass-Musik verwurzelt war. Dort findet sich ein Kracher mit Slide-Guitar wie Ghost on the Highway neben einem Robert Johnson Cover. Die weiteren Platten führten die Band, die ständig die Besetzung wechselte, zu Countryklängen, Hendrix-Gitarren, Free Jazz, ohne dass man jemals einen Zweifel daran gehabt hätte, dass es sich um Gun Club handelte. Die Musik war immer aus der Zeit gefallen, die Aneignung der Band durch verschiedene Szenen blieb immer ein Missverständnis. 20 Jahre später kann man die zeitlose Qualität der Musik besser beurteilen.

Ich habe die Band zweimal gesehen, muss wohl 1989 und 1994 gewesen sein. Nach dem zweiten Konzert hatte ich drei Tage ein Klingeln im Ohr, aber auch ein Grinsen im Gesicht. Für Jeffrey Lee Pierce wollen wir heute alle Mother of Earth hören, eines der schönsten Klagelieder, das ich kenne. Ende der Achtziger habe ich mit diesem Lied in unserem Jugendzentrum die Punks zur Verzweiflung gebracht.


Freitag, 27. März 2015

Grey Goose

Wenn man den Erzählungen glauben kann, war Huddie William Ledbetter, genannt Leadbelly, ein Raufbold, Knastbruder und Totschläger. Im Gefängnis war er auf jeden Fall häufiger. Und doch oder gerade deswegen würde man ohne ihn viele der traditionellen Blueslieder gar nicht kennen. Wie bei Robert Johnson kannte ich seine Lieder lange bevor ich die Originale entdeckte. Und da finden sich wirklich Perlen, wie z.B. dieses Lied, dessen Aufnahme wohl aus den 40ern stammt (nicht nur in Griechenland gab es zu dieser Zeit knarzige alte Männer). Ich würde mal annehmen, dass das Lied ursprünglich bei der Sklavenarbeit gesungen wurde, es hat die Rhythmik eines Arbeitsliedes.





And they're all going quakquak

Samstag, 21. März 2015

Griechenland - Hawaii

Wie im letzten Post beschrieben, schien mir als Musik für den Olivenhain-Spaziergang eigentlich ein Lied von A. Kostis ganz passend, allerdings war Youtube oder die Gema oder sonst wer dagegen. Das Lied heißt, wenn ich der englischen Übersetzung auf der CD trauen kann, "Du warst barfuß". Der gezeigte Weg wäre für Barfußlaufen nicht sonderlich geeignet gewesen, aber das Lied hätte aus meiner Sicht trotzdem ganz gut gepasst. Das Lied wurde schon 1930 aufgenommen, der Sänger starb 1943. (Auf Youtube habe ich zunächst keine andere Fassung dazu gefunden, aber hier ist es. Man findet dort noch ein anderes schönes Lied von A. Kostis von 1931, das "Ich werde immer dünner" heißt (Übersetzung ohne Gewähr). Bei meinen Nachforschungen zu A. Kostis habe ich gelesen, dass dieser eigentlich Bezos Kostas hieß und neben seinen Rembetikaplatten für Columbia und His Master's Voice auch Hawaiigitarrenplatten aufgenommen hat, mit Steelguitar und allem drum und dran. Ein Hit war "Pame sti Honolulu", Auf geht's nach Honolulu. Das Lied überrascht nicht nur mit Comedian Harmonists ähnlichem Gesang, sondern auch mit Hawaii-Gitarren und Jodeln. Ja, Jodeln. Das nenne ich mal Cross-Over. Ich muss zugeben, dass das aber auch für mich hart zu ertragen ist.

In der Rembetika-Musik tauchen die Hawaii-Fantasien aber immer wieder mal auf, so z.B. in Ela mikro na figoume von Tsitsanis, über das ich anderswo schon einmal geschrieben habe. In den frühen Neunzigern hatte Elyseos auch in seiner Taverne mehrere furchtbare Cassetten mit einem Lied Hey Capetan, in dem es um Karibikfahrten ging. Die Cassetten wurden aber zuverlässig nach etwa drei Tagen von Tavernagästen gestohlen, so dass man das Lied nicht allzu oft hören konnte oder musste.

Neben dem amerikanischen Rembetika von K. Dousias, den wir letzthin hatten, noch eine merkwürdige Verschränkung der Musikstile. Spannend und rätselhaft. Wenn ich mir denke, dass das alles Informationen sind, die man vor 15 Jahren praktisch nicht erschließen konnte, wenn man nicht einen Spezialisten kannte, ist das allein schon ein Grund, für das nervige und beliebige Internet dankbar zu sein.

Sonntag, 15. März 2015

Summertime

Schon vor einem halben Jahr habe ich ein kleines Handyvideo des Wegs durch den Olivenhain meines korfiotischen Lieblingsgriechen eingestellt, die Bildqualität war leider nicht sonderlich. Inzwischen habe ich etwas mehr Übung in der Bildbearbeitung, also ein weiterer Versuch. Wacklig bleibt es zwar, aber etwas schärfer. Diesen Weg bin ich in den letzten 25 Jahren so oft gegangen, habe unter den Bäumen Oliven gesammelt, den armen Esel Kostas durch den Hohlweg getrieben, so dass mir mein Urlaubsvideoenthusiasmus hoffentlich verziehen wird. Hier in Berlin im März schien es mir eher vollkommen unvorstellbar, dass es irgendwo so grün und sonnenüberflutet sein kann.

Eigentlich wollte ich ein griechisches Lied "Du warst barfuß", ein Traditional, das 1930 von A. Kostis (eigentlich Bezos Kostas, gestorben 1943) aufgenommen wurde, dem Video hinterlegen. Youtube hat dann das Video gesperrt, weil das Lied Urheberrechte verletzen könnte und ich mag mich da nicht streiten (ein Traditional, das vor mehr als fünfzig Jahren veröffentlicht wurde und dessen Interpret mehr als siebzig Jahre tot ist, ist aus verschiedenen Gründen eher unverdächtig, dass noch Urheberrechte daran bestehen könnten, aber was weiß ich schon). Also zur Sicherheit Musik, die ich selbst aufgenommen habe, auch wenn's nicht griechisch ist, wie sich's eigentlich gehörte. "Summertime", aufgenommen 1993 mit den Henhunters, (Pobsl Gitarre, Edi  Gesang, Lois Schlagzeug, Markus Saxophon und ich nur am Bass, wobei der Bass hier schon ein besonderer Spaß war - wenn Ihr's anhört, sorgt für genügend Bass...). Das Ganze gibt dem Spaziergang eine etwas beunruhigende Note, aber was soll's.

Freitag, 6. März 2015

Der Dumme Student

Ich habe ja hier schon an verschiedener Stelle meine Liebe zu Österreich durchscheinen lassen; die Schweiz habe ich dabei sträflich vernachlässigt. Dabei kommt aus der Schweiz eine der erstaunlichsten Popgruppen, die mir zumindest die späten 80er und frühen 90er versüsst hat. Damals konnte ich noch DRS 3 empfangen, wirklich einer der besten Radiosender zu der Zeit, die Sounds-Sendung um 20 Uhr war Pflicht.

Baby Jail waren schon irgendwie alternativ, aber haben live Frank Farian und Howard Carpendale gecovert; wer einmal von ihnen Hello Again gehört hat, wird Carpendale mit anderen Augen sehen. Ansonsten boten sie eine sehr merkwürdige Mischung aus verschiedensten Stilen mit sehr verschrobenen Humor. Das folgende Lied hörte ich zum ersten Mal kurz nachdem ich zu studieren begonnen hatte. Ohne es hätte ich Studium und Mitstudenten wohl nicht so lange ertragen.
Zudem eines der seltenen Lieder, in denen eine Maultrommel eine wesentliche Rolle spielt, kenne ich so ansonsten nur bei Hillbilly-Liedern aus den 30ern.

Allein der letzte Satz ("Der Student sagt...") wiegt 1000 lustige deutsche Liedchen auf. Groß. 



Dienstag, 3. März 2015

Hättste nicht gedacht, oder?

Vor über 30 Jahren bastelte ich ein Punk-Fanzine, das ich Die deutsche BäckarZeidung nannte. Man tippte ein paar Sachen, klebte wilde Layouts und suchte jemand mit einem Kopierer. Das ganze wurde dann an Freunde in der Gegend verkauft und an andere Fanzinemacher verschickt. Damals schrieb ich mit vielen anderen Leuten in Bands oder Fanzinemachern in der ganzen Republik. Es war so ein bisschen wie Blogging, nur ohne Internet. Auf mein Fanzine bekam ich dann Post von allen möglichen Leuten, darunter auch einen Brief aus Babenhausen, was gar nicht so weit entfernt war. Der Brief war von Uschi, die damals das "Sie trägt rote Pyjamas" Fanzine machte. Man schrieb sich hin und her, ich habe damals dann ein paar Artikel für ihr Fanzine geschrieben,* weil es von der deutschen BäckarZeidung nie eine zweite Nummer gab, und wir nahmen uns gegenseitig Cassetten auf. Auf einer der ersten, die ich von ihr bekam, war die erste EA80-LP und die zweite Neurotic Arseholes LP; zwei Platten, die immer noch fantastisch sind. Auf der zweiten Cassette war ein Mix verschiedener Bands, darunter auch einige Amibands. Uschi hatte damals bei der ersten Tour von Scream aus Washington DC einige Konzerte gesehen und mir ein paar Lieder der zweiten LP, This side up, aufgenommen. Ich hatte von der Band bisher nur gelesen, war sehr gespannt, und dann zunächst etwas enttäuscht, war mir damals wohl nicht brachial genug. Mit der Zeit rückten die Stücke aber immer näher an mein Ohr, das erste, Bet you never thought, wurde dann bald eines meiner Lieblingslieder. Ich habe Jahre gebraucht, bis ich draufgekommen bin, wie man den Anfang auf der Gitarre spielt, obwohl es doch eigentlich ganz einfach ist. Ich habe Scream dann ab 1988 vier oder fünf Mal live gesehen, war immer ein Erlebnis.

Im Text kommt die Zeile vor: Ist es nicht seltsam, wie verloren du dir vorkommst, obwohl du gerade den Weg nach Hause gefunden hast. Kommt einem ab und zu mal in den Sinn.

Scream haben 2012 noch einmal eine Platte aufgenommen, waren auch noch einmal auf Tour; auch die neuen Lieder können sich noch hören lassen. (Auf dem Video kann man am Schluss auch noch einmal Dave Grohl sehen, der auch mal Schlagzeug bei Scream gespielt hat, bevor er zu einer anderen Band, deren Namen mir entfallen ist, wechselte).


* Habe mir jetzt mal wieder so durchgelesen, was ich mit 15, 16 so geschrieben habe. Sagen wir mal so: Damals war ich noch ein wenig lebhafter. Au weia, au weia.