"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Samstag, 9. Mai 2015

Pirate Satellite Festival

Mal wieder ein Konzert in Berlin. Das Pirate Satellite Festival, ein Haufen Bands an einem Abend. Die meisten kenne ich nicht, aber da spielen auch die Smith Street Band, die mir Torsten von der Bördebehörde immer ans Herz gelegt hat, und Samiam, von denen ich vor Jahrzehnten mal eine LP hatte, die ich sehr gerne gehört habe.

Das Ganze soll um 18.30 Uhr beginnen, ich muss vorher noch J.S. abholen und nach Hause bringen, und mit Bahnstreik dauert die Fahrt von Pankow nach Kreuzberg auch ein bisschen länger. Als ich dann um 20.30 ankomme, muss ich feststellen, dass die Smith Street Band schon von 19.30 Uhr bis 20 Uhr gespielt haben und dass Samiam als letzte kurz vor 24 Uhr spielen werden.

Fucketyfucketyfuck, wie der Schwede zu sagen pflegt.

Die Auftritte sind abwechselnd im C-Club und im Crystal Club, so dass die Bands praktisch nonstop spielen können; während auf der einen Bühne gespielt wird, macht man auf der anderen den Soundcheck. Im Crystal Club stehen Typen mit farbigen Skimasken auf der Bühne, nein, nicht Pussy Riot, sondern Masked Intruder. Ich kannte die Band vorher noch nicht, man muss aber sagen, dass es schon eine relativ bescheuerte Idee ist, sich in der Bühnenhitze mit Skimasken hinzustellen. Am Rande der Bühne sass dann noch ein korpulenter Typ, der keine Skimaske aufhatte, sondern Mütze und Schnauzbart. Mir wurde dann erst beim ersten Lied klar, dass das ein Polizist sein soll, der praktisch die ganzen maskierten Verbrecher jagen soll. Der Officer dirigierte dann bei ein paar Liedern das Publikum, später saß er dann in knappen Radlerhosen am Merchandise-Stand rum. Süß! Komplettes Kasperletheater (fand ich natürlich gut). Masked Intruder bollerten live ziemlich rum, die Lieder könnten allerdings alles Outtakes vom zweiten Descendents-Album sein; eine Mischung aus Ramones und Beach Boys, mit schönen Gesangsarrangements. Hat mich wirklich begeistert, obwohl (nein: natürlich weil) die ganze Band so herrlich bescheuert war. Eine kleine Kostprobe der Musik und des Humors der Band kann man hier sehen:

Danach auf der großen Bühne Teenage Bottlerocket. Kannte ich auch vorher nicht, technisch sauberer Green Blink FX-Punk, mit allen zugehörigen Rockerposen. Fehlt mir ein bisschen der Zugang dazu, ist mir auch etwas zu langweilig. Irgendwann erklärte allerdings der Sänger, dass er mal ein Jahr deutsch gelernt habe und spielte ein deutsches Lied, mit folgendem Text: "Ich bin Ausländer und spreche nicht gut deutsch, bitte sprechen Sie langsam, sprechen Sie langsam." Da musste ich doch lachen. Dann fragte der Sänger, wer denn im Publikum Minecraft spiele und war enttäuscht, dass sich nur ein, zwei meldeten (mein Zwischenruf "my sons" ging wohl unter). Er schob es darauf, dass das Spiel in Deutschland nicht beliebt sei, ich würde es eher dem Verwitterungsgrad des Publikums zuschreiben

Auf der anderen Bühne dann Lower than Atlantis, hörte sich nicht schlecht an, aber nicht mein Ding. Ich könnte noch nicht mal sagen, wie man die Musik beschreiben sollte.

Ich setzte mich vor die große Bühne und sah Samian beim Aufbauen zu. Die Band war Mitte der 90er recht groß, gilt wohl als Pionier der Emo-Szene. Ich kenne, wie gesagt, nur eine frühe LP, die ich aber gerne mag. Der Sänger kam zum Mikro-Check, ein wohlbeleibter, unrasierter Basecap-Träger, der eine blaue Latzhose trug. Sah aus wie aus der Stihl-Motorsägen-Werbung (leider hat keiner von den zahlreichen Schlümpfen, die das Konzert auf dem Handy aufgenommen haben, bislang etwas bei Youtube eingestellt, den Anblick kann man nicht beschreiben). Da wußte ich, dass es ein gutes Konzert werden würde.

 (In dem Video hat der Sänger noch Haare und trägt Anzug. Ich finde er hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert.)

Samian spielten eine gute Stunde, ich kannte kein einziges Lied, sehr kraftvoll, treibend und abwechslungsreich. Man merkte, dass die Band schon lange zusammenspielt und Spaß an der Sache hat. Der Sänger hat eine relativ hohe Tonlage für Punk, interessanterweise fand ich ihn jetzt in etwas gesetzteren Alter sogar besser als auf den frühen Aufnahmen; normalerweise lässt hier ja das Vermögen eher etwas nach. Vor der Bühne eine große Meute von Leuten, die jedes Lied mitsingen konnten. Muss mir mal ein paar Sachen von Samiam besorgen.

Um halb 1 war's dann zu Ende, im Taxi nach Hause konnte ich die Ehrfurcht des Taxifahrers erringen, da ich, nachdem er das Radio anmachte und zwei Töne erklangen, den Sänger als Robert Johnson identifizieren konnte. Wir hörten zunächst den "Me and the Devil Blues" und dann, dass Johnson vor 113 Jahren geboren wurde. Guter Tag für die Populärmusik also.

2 Kommentare:

  1. Schade, daß Du TSSB verpasst hast. :(

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    1. Wer kann auch ahnen, dass einer der Headliner gleich am Anfang spielt. Dass nur eine halbe Stunde vorgesehen war, finde ich auch doof (nachdem ich's aber eh nicht gehört habe, ist es auch wieder egal).

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