"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Montag, 30. Oktober 2017

Halloween

Obwohl ich ja ansonsten jedes Jahr dasselbe schreibe, habe ich mit Überraschung festgestellt, dass ich hier noch nie an Halloween das Halloween-Lied von den Dead Kennedys gebracht habe.

Die Dead Kennedys waren die Punkband, die brachiale Musik mit intelligenter Gesellschaftssatire verband. Die (35 Jahre alte) LP "Plastic Surgery Disasters" zeigt verschiedene Facetten des amerikanischen Lebens: die bescheuerten Erstsemesterstudentne, der gutbezahlte Wissenschaftler, der Wohnwagenjäger,.... "Halloween" beschreibt den Angestellten, der sich jedes Jahr überlegt, was er an Halloween machen will, wie toll er sich verkleiden will, um dann das ganze nächste Jahr davon zu reden. Typische Punkrock-Perspektive: Warum machst du nicht einfach das ganze Jahr über, was du willst? Oder wie es die Dead Kennedys pädagogisch formulieren: Why don't you take your social conventions and shove them up your ass?

Grandioses Lied.

Sonntag, 29. Oktober 2017

Lern erstmal atmen

Ich hatte ja früher schon auf die vergnügliche Webserie "Die Autoren" von DeChangeman hingewiesen. DeChangeman macht eine Vielzahl von Video-Projekten, es ist etwas schwer da auf dem Laufenden zu bleiben, vor allem, wenn man wie ich lieber liest als Videos ansieht. Ohne den Hinweis von J.J. wäre ich darauf auch nicht gestoßen.

Bei ein paar der Projekten von DeChangeman verstehe ich schon gar nicht, um was es geht, da sie sehr Game-lastig sind. Bei anderen verstehe ich den Witz zwar, aber goutiere ihn nicht unbedingt. Und dann gibt es einige Sachen - wie z.B. "Die Autoren" - , die ich fantastisch finde, auch wenn ich ein paar Jahrzehnte älter als die Zielgruppe bin.

Ein interessantes Projekt ist z.B. "Lern erstmal atmen". Der Gedanke dahinter ist simpel: Unter den Youtube-Videos von DeChangeman, die sich satirisch mit Spielen beschäftigen, finden sich viele Kommentare, die grob oder beleidigend sind. In den  "Lern erst mal atmen"-Videos improvisiert DeChangeman mit der Gitarre über den Text des Kommentars und macht kleine Liedchen daraus. Mit den Liedchen ließe sich sicher gut die erste LP einer Emo-Band bestücken.


Samstag, 28. Oktober 2017

Donald und die Frauen

Was macht man, wenn man eine Deadline vor sich hat, die eigentlich schon zwei Mal gerissen ist? Man überlegt sich, dass man einmal dem Liebesleben von Donald Duck nachforschen könnte.

Donald tauchte zunächst in den Disney-Zeichentrickfilmen auf. Die Trickfilme wurden regelmäßig auch für Comics in der Serie "Silly Symphonies" adaptiert. In die (regulären) Comics wurde er tatsächlich von Gottfredson eingeführt, der ihn in den Micky-Zeitungsstrips ab und zu mitspielen ließ. Da Donald immer populärer wurde, wurde der "Silly Symphonies"-Strip ab August 1936 ein Donald Duck-Comic, der von Al Taliaferro gezeichnet wurde.

Weibliche Begleitung tauchte zunächst in den Zeichentrickfilmen auf, zunächst Donna in "Don Donald", dann 1940 Daisy in "Ein Tänzchen mit Daisy" (zur kurzen Karriere von Donna in den englischen Donald-Comics von William Ward siehe hier). Donna wird allgemein als Vorgängerin von Daisy gesehen, In der ersten Ausgabe von dem Walt Disney's Comic & Stories Comicheft wird Daisy in einem Bild, das an den Film "Ein Tänzchen mit Daisy" angelehnt ist, auch noch "Donna" genannt.
(Copyright Walt Disney, aus Walt Disney's Comics and Stories Archives Vol. 1)


Frauen kommen in den Donald-Comics (abgesehen von den Donna im britischen Mickey Mouse Weekly) allerdings noch nicht vor. Daisy taucht zum ersten Mal am 4.11.1940 bei Al Taliaferro auf (ich kenne den Strip nicht, Taliaferro hatte aber immer nur kurze Gagstrips). Es heißt allerdings, dass Taliaferro ab und zu Erlebnisse mit seiner Frau in die Strips eingebaut habe.

(Al Taliaferros Donald, Copyright Walt Disney, aus Disney's Four Color Adventures Vol. 1)

Der Comicheft-Donald wurde dann maßgeblich von Carl Barks gestaltet. Man muss zunächst lange suchen, bis man auf romantisches Interesse von Donald stößt. Im Juni 1943 versucht Donald als Rettungsschwimmer einen weiblichen Badegast zu beeindrucken. Die weibliche Figur (im bürzelfreien Badeanzug) bleibt unbenannt, ist eine Art Daisy als Femme Fatale.
(Copyright Walt Disney, aus Barks Comics and Stories Band 1) 

Daisys erster Auftritt bei Barks ist im Januar 1946, sie dient allerdings zunächst nur, um den Rahmen für die Geschichte zu liefern. Es zeichnet sich allerdings schon ein Muster ab:
(Copyright Walt Disney, aus Barks Comics and Stories Band 3) 

 Trotz der Dynamik scheint es sich noch um eine eher lose Beziehung zu handeln, wenige Monate später flirtet Donald beim Bergsteigen unverhohlen mit einer Frau von Schwan.
 (Copyright Walt Disney, aus Barks Comics and Stories Band 3) 

Das ist aber die letzte solcher Episoden, wenig später wird Daisy ständige und feste Begleiterin. Die Beziehung bleibt dynamisch.
(Copyright Walt Disney, aus Barks Comics and Stories Band 3)  

(Copyright Walt Disney, aus Carl Barks Donald Duck Band 6)   
(Am erstaunlichsten ist, dass Donald eigentlich ständig von allen Frauen aufs Maul bekommt. Wenn man die Prügelszenen sammeln würde, würde man nicht mehr fertig. Schon lange vor Daisy bekam er von allen möglichen Bewohnerinnen von Entenhausen ständig Prügel. Das kann aber irgendwann ein Masku- oder S/M-Blog genauer erforschen.)


Es gibt zwar immer wieder Eifersuchtsplots, aber Donald wird meistens zu unrecht verdächtigt. Er ist zwar ein Chaot, aber grundsolide. Anfechtungen gibt es zwar immer wieder, von außerirdischen oder submarinen Prinzessinnen; Donald lässt sich aber wenig beirren.

(Copyright Walt Disney, aus Carl Barks Onkel Dagobert Band 13) 

 (Eine bemerkenswerte Ausnahme: 1950 lässt sich Donald an der Cote d'Azur von einer Geheimagentin bezirzen:)


(Copyright Walt Disney, aus Carl Barks Donald Duck Band 6)  
 








Dienstag, 24. Oktober 2017

RIP George Young

Wie ich gerade gelesen habe, ist George Young vor ein paar Tagen mit 70 Jahren gestorben. Er hat uns mit den Easybeats eines der schönsten Wochentagslieder* - "Friday on my mind" - beschert.

Seine jüngeren Brüder, Malcolm und Angus Young, haben auch Musik gemacht. Wäre mal interesant zu forschen, was aus denen geworden ist.**  

*Meine zweite Wahl wäre wohl MoDiMiDoFrSaSo von den Einstürzenden Neubauten. 
** Ach nöö.

Montag, 23. Oktober 2017

Armagideon Time

Mal wieder ein bisschen zu den Briten. Ich muss sagen, dass es derzeit nicht sonderlich hilfreich für das Wohlbefinden ist, sich eingehender mit der britischen Politik zu beschäftigen, insbesondere wenn man - wie ich - an enttäuschter Liebe zum UK leidet. Als ich mich vor knapp zwanzig Jahren für meinen ersten Job in Berlin beworben habe, unterhielt ich mich mit meinem zukünftigen Chef, der - wie ich - ein Jahr als Student im UK verbracht hatte. Wir waren uns einig, dass man, wenn Deutschland wieder auf schlechte Wege käme, immer einen sicheren Hafen im UK hätte. Tja.


Wo stehen wir? Die Briten haben Ende März mit ihrer Art. 50 Notifikation praktisch jeden Hebel aus der Hand gegeben, den sie in dem Prozess hatten. Bis zu der Notifikation konnten sie den Zeitplan bestimmen, jetzt läuft die Zweijahres-Frist, und sie läuft gegen die Briten.

Der Brexit war anfangs sicher auch so geplant, dass er der Anfang einer euroskeptischen Austrittswelle sein sollte, Brexit, Frexit, Nexit... Danach hätte die EU - nach Vorstellung der Initiatoren - als reiner intergouvermentaler Handelsblock neu geschaffen werden können. Das hat so unmittelbar nicht geklappt, nicht zuletzt, weil sich die Briten als abschreckend unfähig erwiesen haben, hier ein Vorbild zu sein. Man muss abwarten, wie und ob die EU die mittelbaren Folgen übersteht.

Nun hätten die Briten ihr Votum in einer Weise umsetzen können, die formal zu einem Austritt aus der EU führt, die aber die wirtschaftlichen Folgen abfedert. Das hätte erfordert, dass
die Briten  dem Beispiel Norwegens, Liechtensteins und Islands folgen und über die EFTA Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums bleiben (eine in vielerlei Hinsicht unbefriedigende Situation, die aber die Zusammenarbeit in Innen- und Justizpolitik, die gemeinsame Agrarpolitik und Fischereipolitik beendet hätte). Diese Möglichkeit, die auch die einzige Variante wäre, in der man einen einigermaßen geordneten Übergang schaffen könnte, hat T. May durch verschiedene rote Linien in der Verhandlung aber explizit ausgeschlossen. Was die Briten eigentlich wollen, wissen sie gerade nicht mal selbst - jede Entscheidung für eines der Modelle der künftigen Zusammenarbeit würde die Konservativen in einen selbstzerstörerischen Streit stürzen. Man nimmt deswegen fassungslos zur Kenntnis, dass die Frage, welches Modell der Zusammenarbeit mit der EU gewählt werden sollte, im britischen Kabinett noch gar nicht besprochen wurde - man müsste sonst Rücktritte befürchten.

Die Verhandlungen laufen derweil nicht gut. Während nach dem Referendum noch gesagt wurde, es würden die schnellsten Verhandlungen überhaupt, da die EU auf die Briten angewiesen sei und deswegen allen Wünschen nachgeben werde, stellt man jetzt fest, dass dem doch nicht so ist. Nun ist die Mehrheitsmeinung, dass die EU erpresserische Verhandlungsmethoden nutze und dass die EU offenbar gar nicht an Verhandlungen interessiert sei (im Gegensatz zu den fairen und vernünftigen Briten, die immerhin Europa in den letzten 100 Jahren zwei Mal gerettet haben).

Eine wachsende Strömung der Politiker im UK plädiert deswegen für "No deal". D.h., man bricht die Verhandlungen ab, kommt zu keiner Übereinkunft und ist dann ab Ende März 2019 von allen europäischen Fesseln befreit, zahlt vor allem keinen Pfennig mehr. Das ist eine wahnsinnige Idee, die katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen hätte. Weite Teile des öffentlichen Lebens kämen zum Erliegen (ich fange erst gar nicht damit an, was das im Einzelnen bedeutete). Aber, wie gesagt,  im UK ist das gerade eine Idee, die eine große Anhängerschaft hat. Die Briten könnten sich damit trösten, dass sie nicht nur ihre eigene Wirtschaft schädigen würden, sondern auch der EU (wenn auch lang nicht in dem Maße wie den Briten) schaden könnten.

Dieser selbstmörderische Zug der britischen Politik wird m.E. in Deutschland gar nicht so richtig wahrgenommen, weil man sich eben nicht vorstellen kann, dass irgendjemand im Ernst eine solch schädliche Politik verfolgen könnte. Aber es ist so. Bleibt die Frage, warum? Zum einen spielt hier sicher eine britische Selbstüberschätzung mit, die immer noch in imperialen Träumen hängt. Aber kann das zu einer kompletten ökonomischen Verblödung einer eigentlich wirtschaftsfreundlichen Partei führen? Mir drängt sich immer mehr der Gedanke auf, dass hier Leute am Werk sind, die sowohl den Briten als auch der EU maximalen Schaden zufügen wollen. Unter den Beratern der britischen Regierung findet sich z.B. ein Think-Tank, der einen Disaster Kapitalismus vertritt. D.h., für Leute arbeitet, die in Krisenregionen billige Assets kaufen, um sie später mit Gewinn verkaufen zu können. Von den kommendem Tumult könnten sicher einige profitieren. Wenn sich das weiter so entwickelt, lässt sich das Ganze aber nur noch mit Verschwörungstheorien erklären. Wenn man sich ein paar Verbindungen einiger der Protagonisten ansieht, drängen sich verschiedene Dinge auf.

Man darf nicht annehmen, dass die Briten (mehrheitlich) zur Vernunft kommen. Wenn das alles schief geht, sind die bloody foreigners schuld, die EU-Diktatoren und natürlich Merkel, die sozialistische Nazidiktatorin, die nach Auffassung vieler Briten für alles verantwortlich ist, was passiert und was nicht passiert. Wenn die Briten aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs in einen Kompromiß gezwungen werden, wird das das Land zerreißen.

Das alles nimmt kein gutes Ende mehr. Die Briten werden in die Geschichte eingehen als das Volk, das das eigene Haus anzündete, weil dann vielleicht auch das Haus des Nachbars zu brennen beginnen könnte.

(Ich habe auf Links oder Quellen verzichtet, liefere bei Interesse gerne nach. Wer meint, das sei alles übertrieben: leider nicht.)


Samstag, 21. Oktober 2017

Die Ente, die eigentlich eine Maus war

Die Donaldisten haben ein nettes Buch herausgegeben, eine Sammlung von Donald Duck-Geschichten, die im englischen Mickey Mouse Weekly in den Jahren 1937-1940 veröffentlicht wurden und von dem britischen Zeichner William Ward gezeichnet wurden.

Die Geschichten sind schon deswegen interessant, weil die amerikanischen Micky Maus-Comics zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich als Zeitungscomics stattfanden. Es gab zum einen den täglichen Micky Maus-Abenteuerstrip, der seit den frühen 30ern von Floyd Gottfredson gezeichnet wurde, und den täglichen Donald-Strip, der vor allem von Al Taliaferro gezeichnet wurde. Während die Micky-Geschichten sich teilweise über halbe Jahre hinstreckten, waren die Donald-Geschichten kurze Gag-Strips, die meist nur aus wenigen Panels bestanden. Ausführlicheres Donald-Material gab es damals nur in den zahlreichen Kurzfilmen. Das Entenhausener Universum, mit den ganzen Nebenfiguren, wurde in den Comics erst in den Vierzigern durch Carl Barks entworfen.

In dem britischen Mickey Mouse Weekly wollte man aber nun eigenes Donald-Material, zusammenhängende Geschichten, mit jeweils einer Seite pro Woche. Woran orientierte sich nun William Ward? Wenig überraschend nahm er die Donald-Kurzfilme als Inspiration. Die erste Geschichte heißt Donald und Donna, die weibliche Hauptfigur Donna tauchte 1937 in dem Kurzfilm "Don Donald" auf. (Daisy hatte, soweit ich das sehe, erst 1940 ihren ersten Auftritt in dem sehr schönen Film "Ein Tänzchen mit Daisy".) Die Geschichte beginnt sehr britisch, Donald bringt Donna als Geschenk Räucherhering (Kippers) mit, sie ist nicht begeistert, also verspricht er ihr, Diamanten zu besorgen. Das hört ein Ganove, es folgt eine Verfolgungsjagd, verschiedene Entführungen, Schatzsuchen auf afrikanischen Inseln, auf knapp 14 Seiten. Den Ganoven Squinch hat sich Ward aus den Micky-Comics von Gottfredson geborgt, er taucht zum ersten Mal 10.9.1934 in der Geschichte "Bobo, der Elefant" auf. Auch die Darstellung der "Wilden" auf den afrikanischen Inseln ist leider nicht weniger von rassistischen Stereotypen geprägt als die in den amerikanischen Comics der Zeit.


Ward ließ Donna nach der ersten Geschichte fallen, Donalds Begleiter wird nun ein Matrose Mac (der eine britische Neuschöpfung ist). Die Geschichten bleiben slapstickartig, allerdings bleibt die Notwendigkeit, längere Erzählungen zu etablieren. Ward bleibt bei den Abenteuergeschichten, mit leichten Detektivanteilen. Interessant ist, wie sich das auf Donalds Persönlichkeit auswirkt. In den Kurzfilmen ist Donald ein jähzorniger Pechvogel, der im Kampf mit sich und der Umwelt ist. Dies findet sich auch in den Strips von Al Taliaferro. Carl Barks hat später Donald in ein festes soziales Gefüge aus Neffen, Onkeln, Freundinnen und Rivalen gestellt, das die Folie zu seinen wütenden Kleinbürgereskapaden darstellte. Für die Abenteuergeschichten war Dagobert Ducks Geldgier immer der Ansporn. Barks Geschichten waren auch immer gut durchkomponiert, mit einem Plot, der sich folgerichtig von Anfang bis Ende entwickelte. Ganz anders die langen Zeitungscomics von Gottfredson, bei denen man sich vor allem am Anfang und dann in den Vierzigern fragen musste, ob die Autoren sich am Ende eigentlich noch daran erinnerten, wie das Ganze begonnen hatte.

Ward orientierte sich bei seinen Geschichten klar an den Zeitungscomics. Wichtig war ein Cliffhanger am Ende jeder Seite, ausreichend Spektakel, weniger eine klar durchkomponierte Struktur. Wenn man sich die Asterix oder Spirou und Fantasio- Geschichten ansieht, die auch ursprünglich wöchentlich mit einer Seite veröffentlicht wurden, merkt man einen deutlichen Unterschied.

Der Donald des Mickey Mouse Weekly unterscheidet sich nur wenig von dem Micky Maus der frühen Zeitungscomics. Eine etwas alberne Hauptfigur, die interessante Abenteuer besteht. Die Nebenfigur Mac bleibt einigermaßen blaß, ähnlich wie Mickys erster Kumpan, Horaz Pferdehalfter (Goofy kam erst später als Nebenfigur als Micky immer erwachsener und vernünftiger wurde). Für Donaldisten ist das natürlich enttäuschend, da die vernünftige und langweilige Maus immer das Feindbild bleibt.

1938 schickt Ward Donald und Mac nach England, in der Geschichte "The Mystery of Merlyn Towers". Hier lässt sich schön sehen, wie Ward sich an Gottfredsons Material orientiert, aber ganz neue Dinge schafft. In dem englischen Schloss scheint es zu spuken, Donald und Mac stellen aber bald fest, dass hinter dem Spuk Gangster stecken, die es auf wertvolle Gemälde abgesehen haben. Eine Spukgeschichte hat auch Gottfredson zwei Jahre vorher mit dem "Haus der sieben Geister" geliefert (eine der schönsten klassischen Micky-Geschichten, vor allem, weil hier Micky, Goofy und Donald als Detektive vereint sind). Auch hier sind die Geister in Wirklichkeit Gangster, allerdings Schmuggler.

Wenn man sich ein paar Panels ansieht, gewinnt man den Eindruck, dass Ward die Gottfredson-Vorlage genau begutachtet hat.




(Interessant ist, dass Donald mit einem Kamin, aus dem er gerade herausgeklettert ist, abstürzt, der dann aber doch - wie im Gottfredson Vorbild - wie ein Regen-Fallrohr befestigt ist.)

Die Ward'schen Donald-Geschichten enden dann auch 1940 mit einer freien Nacherzählung einer Gottfredson Geschichte - aus der "Wolkeninsel" wird "Dr. Einmugs Sklave". (Ein Scherz, den ich auch erst Jahrzehnte später verstanden habe. Der Wissenschaftler bei Gottfredson und Ward heißt "Einmug". Der Witz erschließt sich nur, wenn man weiß, dass die Briten und Amerikaner der Auffassung sind, dass ein Bierkrug in Deutschland "Stein" heißt. Aus dem "Stein" wird im Namen also die "Mug" (Teetasse)).


Es gäbe noch genügend Aspekte der Geschichten von Ward, die man auf Einflüsse und Vorbilder untersuchen könnte. Vielleicht ein andermal. Allerdings muss man darauf hinweisen, dass Ward vor allem gegen Schluß eine fantastische Welt entworfen hat, die im sonstigen Disney-Universum keine Entsprechung hat. 




(Bildnachweis: Alle Copyright Walt Disney; Bilder von Donald von William Ward, Donaldist Sonderheft Extra, Bilder von Micky, aus Fantagrafics, Floyd Gottfredson Mickey Mouse).  

Hinweis: Eine Einführung zu Floyd Gottfredson findet man  in diesem Beitrag, zu seinen Comics im Zweiten Weltkrieg hier, zu seiner Figur Gamma hier, zu einem Vergleich seiner Zeitungscomics und der Nachzeichnungen für die Nachkriegscomichefte hier.

Sonntag, 1. Oktober 2017

Eine Schachtel voll Regen

Die Grateful Dead hatten sich Ende der Sechziger schon einen Ruf als psychedelische Band erarbeitet, mit LPs und Konzerten, die aus Endlosimprovisationen bestanden. 1970 gingen sie allerdings ins Studio für zwei Alben, die in eine ganz andere Richtung gehen sollten. Als erstes wurde "Workingman's Dead" veröffentlicht, danach "American Beauty". Die Aufnahmen waren stark von David Crosby beeinflusst, damals ein Nachbar von Dead-Gitarristen Jerry Garcia. Ähnlich wie die Byrds in "Sweetheart of the Rodeo" versuchten sich die Dead daran, die Redneck-Countrymusik für die Hippies zu retten (die Grateful Dead kamen ursprünglich auch aus dem Folk-Umfeld, so dass das musikalisch gar keine so große Umstellung war, kulturell allerdings schon). Robert Hunter, der Texter der Dead, berichtet, dass er zu dem Lied Cumberland Blues von einem Minenarbeiter angesprochen wurde, dass er nicht wissen wolle, was sich der ursprüngliche Komponist dieses Liedes denken würde, wenn er sein Werk von den Grateful Dead gespielt höre. Dem Mann war nicht klar, dass es sich um eine Originalkomposition der Band handelte.

Das Ergebnis enthielt schön instrumentierte Bluegrass- und Country-Lieder, mit Chorgesang, ohne Gitarren- oder sonstige Soli.  Das erste Lied der American Beauty, Box of Rain, ist eines meiner absoluten Lieblingslieder.

Wenn man über die Band liest, merkt man schnell, dass es sich nicht unbedingt um einfache oder angenehme Zeitgenossen handelte. Die Musik ist allerdings schon einzigartig.