Samstag, 27. Juni 2015

Ein dressierter Seehund, der auf einer Reihe von Autohupen "God save the queen" spielt.....

(Die Erläuterung dieser Überschrift folgt in einigen Absätzen.)

Auch wenn meine Eltern einige klassische Musik gehört haben, fehlte es mir lange Zeit an Zugang dazu, von einigen Lieblingsstücklein abgesehen. Daran hat sich nicht furchtbar viel geändert, auch wenn ich natürlich in den letzten Jahrzehnten so einiges hören und kennen lernen konnte. Allerdings gibt es inzwischen ein paar Komponisten, die ich sehr regelmäßig höre und zu diesen gehört Johann Sebastian Bach. Diese mehrstimmige sehr klar konstruierte, fast schon mathematische Musik verschafft mir enormes Vergnügen, auch wenn ich von den musiktheoretischen Hintergründen keine Ahnung habe. Diese sehr abstrakte Musik, die dem Hörer so wenig gibt, an dem er sich festhalten kann, die sich aber nach dem vierten oder fünften Hören auf einmal so folgerichtig und zwangsläufig anhört, macht mir mehr Spaß als die spätere romantische Musik, die sich doch etwas leichter erschließen lässt.

Irgendwie bin ich in meinen frühen 20ern bei Glenn Gould gelandet, der natürlich für jemand, der das Klare und Abstrakte schätzt, ein guter Einstieg ist, ganz abgesehen von seiner Kunst mehrere Stimmen gleichberechtigt nebeneinander zu führen (von den wenigen Leuten, die ich kenne, die ernsthaft Klavier spielen, gibt es allerdings keinen, der sich mit GG wegen seiner Marotten und Manierismen anfreunden könnte.)

Es gibt eine Aufnahme der "Kunst der Fuge" von J.S. Bach, bei der Gould das Werk auf der Orgel spielt. Eigentlich sollte das ja für eine schöne Mehrstimmenführung ein Referenzstück sein, aber die Orgelaufnahmen hatten sehr wenig von der gewohnten Klarheit und eine - der wohl insgesamt vernichtenden  - Rezensionen verglich die Aufnahme mit einem dressierten Seehund, der auf einer Reihe von Autohupen "God save the queen" spielt. Tatsächlich nichts, was man für die Werbung verwenden könnte, aber ein sehr anschaulicher Vergleich (in die Linernotes zu der späteren CD wurde das Zitat dann aber aufgenommen...). Wahrscheinlich stimmt die Bewertung, ich kann's nicht beurteilen; ich habe mir auf der CD zumeist nur die letzten sechs Stücke angehört, bei denen dann einige Kontrapunkte der Kunst der Fuge auf dem Piano gespielt werden, und hier findet man tatsächlich die polyphone Klarheit, die ich so gerne höre. Den Kontrapunkt IV in dieser Fassung höre ich manchmal ganz gerne in Folge mit dem zweiten Satz der Love Supreme von John Coltrane. obwohl beide Stücke eigentlich musikalisch vollkommene Gegenpole sein müssten, passen sie eigentlich gar nicht so schlecht zusammen.

Ein bisschen der Faszination lässt sich auch aus diesen  Fernsehaufnahmen, bei denen Gould, kurz vor seinem Tod, das Stück spielt, erahnen. Man kann hier die Musik tatsächlich sehen.

Montag, 22. Juni 2015

Feminismus im Alltag

Für den letzten Beitrag der Woche des Mundarthumors schauen wir einmal westlich der Iller, zu den Württemberger Schwaben. Vor einigen Jahren gab es dort eine Reihe von schwäbisch nachvertonten Filmchen, die manchmal einen sehr eigenen Reiz entfalteten. Mein liebstes Beispiel ist ein vollkommen rätselhafter Beitrag, in dem Stefan Seibert, damals noch nicht Regierungs-, sondern Nachrichtensprecher, einen offenbar schlecht gelaunten bärtigen Mann in Köln interviewt. Um was es damals ging, man wird's nicht erfahren, da die Synchronisierung ein Gespräch über den "Witz der Woche" daraus macht. Die Herren werden sich nicht einig darüber, was eigentlich der Witz ist und warum die kurze Geschichte über zwei Feministinnen witzig sein sollte.(Der Witz is oifach witzig, glaube se mers)

Sonntag, 21. Juni 2015

Jede Tag

Und weiter geht's mit der "Woche des Mundarthumors". Die schwierigen Etappen liegen noch vor uns. Für die meisten Leute vollkommen unverständlich wird der nächste Beitrag sein, von den hier ebenfalls schon gehuldigten Baby Jail aus der Schweiz. Ich gebe zu, dass das vielleicht etwas schwerer zu erfassen ist, deswegen vorab etwas mehr Erläuterung (in Hochdeutsch): Zu Blockflötenbegleitung wird eine Beziehung schonungslos analysiert: "Jeder Tag, immer das Gleiche, ich liebe dich, du liebst mich". Alternierend machen Sänger und Sängerin Vorschläge zur Verbesserung, die in dem Szenario gipfeln "Komm wir gehen auf die Straße, ich als Auto, du als Hase'". Worauf die Sängerin zu dem (versöhnlichem?) Ergebnis kommt: "Vielleicht ist es doch am besten, wir schauen Fernsehen, so wie gestern."

Schonungsloser Realismus, Blockflöten und Schwyzerdütsch. Ich liebe diese Band.

Samstag, 20. Juni 2015

Warten auf Dillinger

Das Projekt "Woche des Mundarthumors" ist für alle eine harte Prüfung. Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier. Und es gibt mir die Gelegenheit, den Altmeister der schlechten Laune, Gerhard Polt hier wieder einmal zu präsentieren. Der folgende Sketch ist so quälend, wie man es sich nur vorstellen kann. Aber ich muss sagen: Ich habe für solche Typen auch schon gearbeitet. Da ist nichts übertrieben, eher noch zurückhaltend dargestellt.


(Und wenn es einen Grund gibt, sich dieses Filmchen anzusehen, dann ist es die Stelle bei 1:21, wo Polt eine Bierflasche an der Pritsche seines Lieferwagens aufmacht. Die abrupte Bewegung lässt das Bier überschäumen, das Etikett ist eingerissen. Diese Handbewegung ist vielleicht nur an dieser Stelle filmisch dokumentiert, ohne das Filmchen wäre das Wissen um diese Sitte deutscher Bauarbeiter in den späten 70ern des letzten Jahrhunderts vielleicht vollkommen in Vergessenheit geraten.)

Freitag, 19. Juni 2015

Jodel-Sepp

Willkommen zur Woche des Mundarthumors, die uns allen einiges abverlangt. Aber nützt ja nichts. Nach den Abstechern nach Augsburg und Wien begeben wir uns in die Nähe von Ingolstadt, wo Günter Grünwald herkommt. Grünwald ist inzwischen im Bayrischen Rundfunk ein sehr erfolgreicher Komiker, seine wahren Stärken zeigen sich aber eher in den früheren Stücken.
Das folgende Interview mit dem Volksmusikveteran Jodel-Sepp ist zwar vollkommen unverständlich, das macht aber gerade den Reiz aus.


Donnerstag, 18. Juni 2015

Und die Ruinen san a Hund?

Ich glaube, es kommt jetzt eine Woche des Mundarthumors: Der große Helmut Qualtinger als Travnicek, der nicht von seinem Urlaub begeistert ist.  Ich habe im letzten Urlaub mit Zitaten aus diesem Sketch meine Familie zu Tode genervt. War lang nicht auf YT verfügbar; nach meiner Erinnerung fehlt hier eine Beschimpfung mediterraner Nahrungsmittel ("die Bouillabaisse - a gstinkerts Gschlader", "Cevapcici - Hundstrümmer garniert mit Zwiefeln."), die ich noch von der früheren Fassung kenne. Vielleicht eine bereinigte Fassung?


Auf jeden Fall etwas für alle Freunde schlechter Laune. 

Mittwoch, 17. Juni 2015

Punkrock-Lebenshilfe (2)

Zeit, wieder diese extrem beliebte Reihe aufzugreifen. Diesmal mit Frank Turner, der gestern in Berlin ein kostenloses Konzert im Ramones-Museum gegeben hat, zu dem ich aber nicht gegangen bin, weil .... ach, das schreibe ich besser nicht, das schmerzt zu sehr. Da passt ja der Titel genau "Reasons not to be an idot".

Schönes Lied, der Ratschlag "Get up, get down and go outside" passt ja zum Sommer.



Dienstag, 16. Juni 2015

Ja woisch...

Als ich 1990 zuhause auszog, schaffte ich es erstmal nicht allzu weit weg, sondern ich landete in Augsburg. Eine viel, aber zu Unrecht geschmähte Stadt. Als Vorbereitungscamp für richtige Großstädte genau die richtige Umgebung.

Die Oberbayern finden die bayerischen Schwaben zumeist lustig und wegen ihrer Sprache hinterwälderisch. Bei uns klingt viel auf "sch" aus, was dem Bayern das "woaßt" ("Weißt du?") ist dem Schwaben das "woisch" (bei uns war es noch eher "weisch"), ich weiß nicht, wie oft ich mich da in München auslachen lassen musste. Selbst im Ortsnamen Augsburg kriegt man ja auch noch ein "sch" unter, wenn man denn will. Ich habe mich vor ein paar Jahren sehr gefreut, als mich ein früherer Studienkollege auf das folgende Zeugnis Augsburger Bräsigkeit und Lebensfreude aufmerksam gemacht hat. Ja, so sind sie und ich kann in Heimatgefühlen schwelgen (wie der Rest der Familie dieses Dokument schwäbischer Lebensart aufnimmt, möchte ich lieber nicht sagen). Die Gruppe nennt sich "Stoinerne Männer", nach einer Augsburger Institution: In der Stadtmauer gibt es eine Statue, den stoinernen Ma (man sieht ihn auch im Video), der an eine Begebenheit im Dreißigjährigen Krieg erinnern soll. Als die Kaiserlichen Truppen die Stadt belagerten, soll ein Bäcker mit einem Laib Brot auf die Stadtmauer gestiegen sein, um den Belagerern zu zeigen, dass noch genügend zum Essen in der Stadt sei. Aus Wut habe man ihm dann den Arm abgeschossen; das werde durch die Statue gezeigt (die Nase fehlt auch, aber da gibt es keine Geschichte dazu). Das seltsame Manschkus wurde aber wohl aus irgendwelchen übrigen Brocken zusammengesetzt  und man hat sich dann später die Geschichte dazu ausgedacht , aber was soll's.

Das Lied sei jedem empfohlen, eine Sammlung dummen Geredes (Hauptsach, d'Luft scheppert) und schwäbischer Bauernschläue, die mich jedes Mal gerührt zurück lässt. Im Refrain eine Mischung von vager Hoffnung und Lokalpatriotismus, die nicht zu schlagen ist (Aus uns wird au no was werra/ woandersch gibts koin Plärrer). Und nach einiger Zeit stellt man dann überrascht fest, was für ein Lied da eigentlich gecovert wurde.

(Na Kipf, da hängt dr der Rotz ra.)

Montag, 15. Juni 2015

Man kann das Karma nicht bescheißen

Eines dieser Lieder, das eigentlich jeder einmal gehört haben sollte, das aber dann doch nur wenige kennen. Zounds waren eine der britischen Punkbands der zweiten Welle, mit deutlich politisch anarchistischem Einschlag. 1980 kam die erste Single "Can't cheat karma" auf dem Label der Band Crass heraus, sie wurde ein Erfolg in der Indieszene. Der Titelsong zeigt schon die Eigenständigkeit der Band; so ein Lied hatte man vorher nicht gehört, ein kantiger und schöner Ohrwurm, jenseits der 1980 schon streng befolgten Punkklischees. "Es muss sich jetzt bald was ändern, ja, ich weiß, es muss bald Frieden kommen, ja, ich könnte mich irren. Aber ich weiß einfach nicht, was ich dafür tun kann." Diese Ratlosigkeit angesichts all der Dinge, die sich ändern müssten, traf damals wohl einen Nerv. Auch jetzt kommt mir die Zeile "But I just don't know what I can do" häufiger in den Sinn.

Anhören!

(Auf der anderen Seite der Single war das ebenfalls sehr schöne Lied "Subvert", das dann schon eher Vorschläge zur Subversion machte. Wäre ein Thema für ein andermal.)

Donnerstag, 11. Juni 2015

The Blessing

Als wären in den letzen Tagen nicht schon genug gute Leute gestorben, hörte ich heute vom Tod Ornette Colemans. Irgendwie nicht mehr so recht vorstellbar, dass Coleman mit seinem Plastiksaxophon die Leute in Rage gebracht hat, für mich hören sich seine Sachen eigentlich immer ganz melodisch an (aber das zeigt wohl nur, dass ich keine Ahnung von Jazz habe). Die Something else höre ich ganz gerne, das zweite Lied The Blessing habe ich heute ihm zu Ehren laufen lassen.