Dienstag, 2. September 2014

52 Bücher: Monsieur Jean

1. Das Fellmonsterchen hat wieder ein Motto ausgegeben. Diesmal soll es um eine Rezension gehen, die einen entweder furchtbar genervt hat oder die einem den Weg in den Lesehimmel gewiesen hat. Zuerst dachte ich, ich müsste eine Woche aussetzen, weil mir spontan gar nix einfiel. An doofe Rezensionen kann ich mich nur bei Musik erinnern, vor über dreißig Jahren stand mal in der Münchener Stadtzeitung eine Rezension zur zweiten R.E.M.-Platte "Reckoning", in der es hieß, jeder mit zwei Stunden Zeit im Studio könne das besser, und die Texte erst, "sieben chinesische Brüder trinken den Ozean aus", das ginge ja alles gar nicht. Ich dummes Provinzei habe das geglaubt (kam ja schließlich aus Minga) und die wunderbare Platte erst mit drei Jahren Verspätung entdeckt. Aber das ist ja Musik und darum soll's hier nicht gehen.

2. Dann ist mir doch etwas eingefallen. Vor einigen Jahren hatte ich mir im Comicladen ein paar Ausgaben vom amerikanischen Comics Journal mitgenommen, die erstmal in der Ecke lagen. Als ich dann mal ein paar Wochen krank und bettlägerig war, habe ich die sehr ausführlich durchgelesen und in einer Ausgabe war ein langes Interview mit Philippe Dupuy und Charles Berberian, die ich bis dahin nicht kannte. Die beiden französischen Comiczeichner plaudern auf über zwanzig Seiten über ihre verschiedenen Comicreihen, insbesondere über Monsieur Jean, eine Reihe über einen jungen Schriftsteller in Paris. Die Bildbeispiele und das, was die beiden sagten, gefiel mir so gut, dass ich das nächste Mal Ausschau nach einem Monsieur Jean-Buch hielt (damals gab es die nur auf französisch, inzwischen gibt es auch sehr schöne deutsche Ausgaben bei Reprodukt - hier kann man sich für jeden Band ein paar Seiten ansehen).

3. Die Serie begleitet Monsieur Jean, einen Schriftsteller Anfang Dreißig, durch Paris. Im ersten Band "L'amour , la concierge" sind es zunächst nur kurze Einseiter, die sich aber nach und nach zu einer Geschichte zusammenfügen. Die Geschichten sind in einem sehr realistischen Paris angesiedelt,  die Personen und ihre Erlebnisse wirken manchmal, als würden einem gute Freunde amüsante Geschichten erzählen. Natürlich ist alles dramaturgisch überhöht, aber das Ganze hat eine Beiläufigkeit und Natürlichkeit wie die besseren Rohmer-Filme. Und zwischendurch gibt es immer wieder schöne Slapstick-artige Einlagen. Im dritten Band  "Les femmes et les enfants d'abord" lernt Jean Cathy kennen, im fünften Band können wir den beiden zusehen, wie sie zusammen in New York sind, weil Cathy dort eine Stelle hat und Jean mit Julie, der kleinen Tochter, den Hausmann spielt. Zurück in Paris zieht Felix, ein alter Freund, mit einem kleinen Sohn einer seiner Exfreundinnen ein, und die beiden haben die schönste Papa-Kind-WG, die man sich vorstellen kann. Ein Panel aus diesem Comic habe ich immer besonders geliebt:

(ab dem vierten Band haben Dupuy & Berberian begonnen, die Bilder mit dem Pinsel zu tuschen, was wirklich ganz wunderschön ist).

 (52 Bücher?)

4. Eine Zeitlang konnte man sich jedes Jahr auf einen neuen Monsieur Jean freuen, inzwischen gibt es acht Stück, es sind aber schon länger keine neuen mehr nachgekommen. Wer kleine, wunderschön illustrierte Geschichten mag, sollte sich die Bücher einmal ansehen. Wenn man kann, ist es sicherlich eine gute Idee, die französische Ausgabe zu lesen (meine Französischkenntnisse sind inzwischen auch eher begrenzt, aber ich habe es so einigermaßen geschafft).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen