Mittwoch, 10. Dezember 2014

Vor 383 Jahren

1631 erschien anonym ("von einem ungenannten römischen Theologen") eine lateinische Schrift "Cautio Criminalis" - Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse.* Die Widmung war Seneca entnommen: "Ich will dir zeigen, was den großen Herren mangelt, und was denen fehlt, die alles besitzen: Einer, der die Wahrheit spricht."

Der Verfasser beschreibt die Realität der Hexenprozesse und vor allem die Rolle, die die Folter in ihnen spielt. Im der Vorrede schreibt er: "Den Obrigkeiten Deutschlands habe ich dieses Buch gewidmet; vor allem denen, die es nicht lesen werden, weniger denen, die es lesen werden."
In der Mitte des Buches kommt zum ersten Mal die Forderung,  "dass daher die Tortur völlig abzuschaffen und nicht mehr anzuwenden ist." Im Anhang stellt der Verfasser die Frage, was Folter und Denunziationen vermögen. Er beantwortet sie: "Sie vermögen nahezu alles. Aus diesem Grunde hat letzthin jemand recht geistreich die Folter allmächtig genannt. Es werden auch wahrlich nicht wenige Beispiele erzählt von Leuten, die, von der Tortur überwältigt, ganz falsche Geständnisse abgelegt haben und hingerichtet worden sind wegen Mordes an Menschen, die man hernach am Leben fand, und dergleichen mehr."

Dieser Mensch hatte, in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, umringt von religiösem Hass und Aberglauben, lange vor der Aufklärung genügend Verstand und Mitgefühl, um zu erkennen, dass durch die Folter furchtbares Unrecht geschieht. 400 Jahre später kann man das leider nicht von jedem sagen.**

Der anonyme Verfasser war Friedrich Spee, ein Jesuitenpater. Er starb 1635 mit nur 44 Jahren an einer pestartigen Seuche in Trier, als er Verwundete in den Hospitälern pflegte.*** Friedrich Spees weiteres Hauptwerk war die "Trutz-Nachtigall", eine Sammlung geistlicher Lieder. Einige davon finden sich heute noch im Gotteslob. Wenn Ihr in der Weihnachtsmesse "Zu Bethlehem geboren" singt, denkt an den tapferen Verfasser.


*Die folgenden Zitate sind aus der deutschen Übersetzung von 1939. 
** Und man glaube nicht, das sei nur ein amerikanisches Problem.
*** Spee war allerdings auch ein streitbarer Gegenreformator; sicher auch kein ganz einfacher Mensch. Ich frage mich immer, wie er und  der etwas jüngere Paul Gerhardt sich wohl verstanden hätten, wären sie sich begegnet (wahrscheinlich nicht sonderlich gut, fürchte ich). Die Zeiten waren sicher noch nicht reif für diese ökumenische Supergroup der Kirchenlieddichter. 

3 Kommentare:

  1. Ich ahne, welche Parallelen du zur Gegenwart ziehst, du tönst es ja an. Das Blöde ist, dass er immer noch recht hat, der Herr Spee, meist lesen nicht diejenigen die Manifeste für die Menschlichkeit, die sie am meisten benötigen. Denn sie handeln ja "recht". Wenn wir bei den Liederdichtern sind, denke ich auch an Bonhoeffer, Jochen Klepper und andere, die die Wahrheit lebten und sagten, in schlimmen Zeiten lebten, und dies nicht überlebt haben. Auch heute noch kann einen Zivilcourage noch das Leben kosten, auch in der westlichen Welt. Das braucht es immer noch LiedermacherInnen, Hoffende und Machende, Poetinnen und Handelnde ..

    Danke fürs Heben dieses alten Schatzes!

    Lieber Gruss
    Anne

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    1. Ja, Von guten Mächten wunderbar geborgen ist auch ein unglaubliches Lied....

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  2. Hmm, ich glaube in unserem Geschichtsbuch in der siebten Klasse gab's damals einen Absatz über Spee, angesprochen wurde er im Unterricht aber nicht...

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