Sonntag, 24. April 2016

Hieronymus Bosch

Knapp drei Monate waren in 's-Hertogenbosch die meisten der bekannten Werke von Hieronymus Bosch zu sehen; zum 500. Todestag hat das kleine örtliche Museum viele Leihgaben erhalten. Da nicht zu erwarten ist, dass es noch einmal eine solche Ausstellung geben wird, habe ich mir ein Wochenende freigehalten und bin dorthin gefahren. Wie war es?

Schade ist natürlich, dass die meisten Werke des Prado nicht nach Holland verliehen wurden (das ist wohl ein Grund, irgendwann auch mal nach Madrid zu fahren; nur das grandiose Heuwagen-Tryptichon war zu sehen). Damit fehlten "Der Garten der Lüste" (eine Kopie der linken Seitentafel und der Mitteltafel waren aber zu sehen), das Tryptichon "Die Versuchung des heiligen Antonius", die "Anbetung der Könige" sowie die Einzeltafel der "Versuchung des heiligen Antonius". Auch das Typtichon "Das jüngste Gericht" blieb in Wien, "Die Dornenkrönung" in London. Damit kein (originaler) Katz und Lurch, kein Catweazle, kein hämmernder Vogel im Schloß und kein teuflisches Dampfrad. Die verbleibenden Werke waren aber natürlich beeindruckend genug.

Zunächst überraschte es mich doch, wie anders die Wirkung ist, wenn man Bilder, die man als Reproduktion gut kennt, dann noch einmal im Original sieht. Exemplarisch bei der Rückseite des "Johannes auf Patmos" (der eigentlich in Berlin hängt). Das Bild hat in der Mitte einen Kreis, in dem der Adler, Johannes Begleittier auf einem Gipfel abgebildet ist, darum einen weiteren Kreis, in dem Passionsszenen abgebildet werden. Um diese Szenen ist ein schwarzer Hintergrund, auf den Reproduktionen ist nicht viel mehr erkennen. Beim Original sieht man, dass auf diesem Untergrund noch eine Vielzahl von glitzernden Fabel- und Teufelsgestalten aufgetragen ist. Phantastisch auch die Zusammenstellung verschiedener Einzeltafeln zu einem Tryptichon. Die linke Tafel bestand aus dem "Narrenschiff" und "Völlerei und Lust", die rechte aus "Der Tod und der Geizhals", die Außenseiten waren das "Landstreicher"-Bild. Spannend, sich vorzustellen, was die Haupttafel gewesen sein könnte. Beeindruckend auch die gesammelten Zeichnungen, die meisten waren mir zwar schon bekannt, aber erst in der Ausstellung kamen sie für mich so richtig zur Wirkung. Auch wenn ein paar meiner Favoriten nicht zu sehen waren, nach der Ausstellung habe ich nun ein paar neue....

Ein Aspekt der Arbeit von Hieronymus Bosch wurde mir in der Ausstellung auch deutlicher als zuvor bewusst: In seinem Werk finden sich die verschiedensten Monster und seltsamen Gestalten, aber auch sehr karikaturhaft dargestellte Menschen. Bei manchen Werken (so z.B. "Ecce Homo", das normalerweise im Frankfurter Städel hängt) und einer "Kreuztragung" (Gent, nicht bei der Ausstellung dabei, allerdings ein formal wirklich beeindruckendes Bild) handelt es sich um Karikaturen, die deutlich antisemitische Klischees bedienen. Anders als bei den anderen Werken keine äußere Darstellung der inneren Bosheit der Menschen (wie z.B. bei Catweazle), sondern rassistisches Klischee. Noch deutlicher zu erkennen bei einem Werk aus der Werkstatt, das erst einige Jahre nach dem Tod von Bosch erstellt wurde: "Passions-Tryptichon".

Der Audioguide blieb weitgehend an der Oberfläche. Die wilden Fraenger'schen Theorien zu dem ketzerischen Inhalt der Bilder sind zwar wohl schon lange nicht mehr Stand der Wissenschaft; trotzdem halte ich es für etwas kurz gegriffen, wenn man das Bosch'sche Universum als bloße Umsetzung des damaligen Mainstream-Christentums darstellt. Marijnissen/Ruyffelaere haben ja in ihrem Buch versucht, die Motive mit zeitgenössischen Texten zu erklären. Bei mir führt das nur dazu, dass die Kluft zwischen Bibelversen und geistlichen Traktaten und dem Wahnsinn der Bosch'schen Bilder nur noch deutlicher wird.  Genug Anlass, um sich auch noch in Zukunft mit dem Werk zu beschäftigen.

Bei der Zusammenschau der Bilder fällt einem auch auf, wieviele Vögel Bosch dargestellt hat, immer  klar nach der Natur, eine breite Palette von Krähen, Dohlen, Hähern und Amseln. Das wäre auch noch einmal einer Forschung wert. Merkwürdig auch eine Zeichnung, die sich mit Vögeln beschäftigt (eine andere zeigt den Kampf der Vögel gegen die Säugetiere): ein Mann, der in einem Korb liegt, den nackten Hintern herausgestreckt, aus dem zahlreiche Vögel fliegen (über ihm ein Mann mit der Laute, der gerade zum Schlag ausholt).

Fortgeschrittene können jetzt verschiedene Szenen (v.a. im "Garten der Lüste"), die hier thematisch passen, aufführen, ich habe aber ein anderes Problem. Tex Rubinowitz, der mir ohnehin mit einem schmalen Bändchen seit über zwei Jahrzehnten die Welt erklärt, hat die einzige Zeichnung gemacht, die ich kenne, die thematisch ähnlich ist. Sie ist betitelt: "Alarm, Frykholm fängt wieder Amseln mit dem Arsch."

Kann das ein Zufall sein? Ich glaube nicht.

1 Kommentar:

  1. Dem erbärmlichen Geist ist es zu eigen, stets nur Klischees und niemals eigene Einfälle zu verwenden.

    Hieronymus Bosch
    (1450 - 1516) *beeindrucktBIN*

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