Samstag, 8. Oktober 2016

Ohne Grund (2)

So, jetzt habe ich den Downloadcode für die Peppone-LP "Ohne Grund" bekommen. Vorher kannte ich ja nur, die Lieder, die vorab auf Youtube eingestellt wurden. Um mir ein Bild zu machen, muss ich mir eine Platte aber immer am Stück in Ruhe anhören. Und das konnte ich jetzt tun.

Auf der Platte sind zehn Stücke, sie dauert 38 Minuten. Die Band besteht aus drei Musikern und einer Beatbox, die drei bedienen zwei Gitarren, einen Bass und eine Orgel. Die Musik ist ruhiger Postpunk, der mich an die Boxhamsters und manchmal an Muff Potter erinnert, die allerdings mit der Beatbox und der Orgel eine sehr eigene Note hat. Bei "Das Urteil" habe ich auch an EA 80 gedacht. Die Chöre verirren sich in den Liedern wunderbar, in einer Weise, wie ich sie auch bei The Hated geliebt habe. Die Lieder haben deutsche Texte, die eher persönlich und fragmentarisch sind. Ich mag das sehr gerne. Wer gerne einfache Parolen zum Mitgrölen hat, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Die Texte entziehen sich der einfachen Deutung, bei aller Uneindeutigkeit sind aber immer wieder Zeilen dabei, die wie ein Schlaglicht bestimmte Situationen beleuchten, und die ich mir deswegen vor dreißig Jahren auf die Lederjacke mit Deckweiß geschrieben hätte. Auf mein Jackett kann ich mir jetzt nichts mehr schreiben, schade eigentlich. Es gibt seit einigen Jahren eine Vielzahl von deutschen Bands, die deutsch singen, auch eher persönlich. Die meisten finde ich furchtbar und anbiedernd, von einer erschreckend platten Eindeutigkeit. Da tut es gut, anderes zu hören. Und es gibt auch das andere, allerdings weitab von den Radios, Musikzeitschriften. Ich finde es wichtig, dass man auch von diesen Bands erfährt.

Ich nehme an, dass die Jungs von Peppone auch schon seit ein paar Jahrzehnten dabei sind, entfernt vom jugendlichen Ungestüm, aber trotzdem noch begeistert und beglückt von der Musik, mit einer genauen Vorstellung, wie sie sich anhören muss. Und mit einer klaren Vorstellung, wie sie sich nicht anhören darf. Und man wundert sich selbst, warum man das alles eigentlich noch macht. Das steckt in dem schönene Eröffnungsstück JPN und ich glaube, ich weiß genau, was hinter der letzen Zeile "Solange wir das hier noch tun machen wir keinen anderen Blödsinn" steckt. Deutsche Bands haben meistens den Nachteil, dass es bei den Texten entweder Teenage-Überschwang oder dann reine Klischees gibt. Rebellische Attitüde altert nicht immer gut. Bei Peppone habe ich das Gefühl, dass sie in den Texten schaffen, das Erwachsenenleben zu beschreiben, ohne zu verspießern oder in den Rockklischees zu versumpfen. "Am besten weg" ist ein schönes Beispiel, das eine Situation illustriert, die jeder Erwachsene täglich erlebt: In die Konfrontation gehen oder nachgeben, um des lieben Frieden willens? Wenn's drauf ankommt: "Auch ich habe eine Liste, auf der Du stehst. Kein Kompromiss heut - es ist besser Du gehst." Ein bisschen aus dem Rahmen fällt "Wegen Frauke". Nein, kein Liebeslied, auch wenn es mit einem "Love is in the air"-ähnlichen Bassriff beginnt.  Es handelt davon, dass die Uneindeutigkeit der Texte manchmal auch dazu führt, dass die falschen Leute  sich für die Band begeistern. Denn: "Was zwischen den Zeilen steht, wurde noch nie aufgeschrieben."  Und deswegen formuliert die Band am Ende des Liedes ein deutliches "Nein", damit nicht die falschen Leute ihre Lieder mitsingen. Wegen Frauke.

Ich mag Magdeburg gern, bin da auch immer wieder mal und kenne dort Leute, über die ich mich immer freue, wenn ich sie sehe. Nun kenne ich von dort auch Peppone.

Näheres zu "Ohne Grund" und weitere Hörproben finden sich hier. Wenn ich es richtig sehe, sind von den LPs gar nicht mehr so viele übrig.

2 Kommentare:

  1. wieviel kostet eigentlich son linkabo beim kiezneurotiker?
    grüße
    michali

    AntwortenLöschen