Sonntag, 13. November 2016

Wir fangen jeden Tag wieder von vorne an

"After much reflection, I believe the difficult but necessary solution to the current political crisis is the ideology I have always held to." (J. Chalmers)

Das Internet ist voll von Analysen der Amerikawahl. Weit verbreitet sind die Stücke, in denen der Autor erklärt, dass er's eigentlich schon immer gewusst hatte, aber keiner auf ihn hören wollte, jetzt seien alle halt selber schuld. Andere geben zu, dass sie zwar vorher unrecht hatten, finden aber ihre Befriedigung darin, dass andere noch mehr unrecht hatten. Wieder andere finden es irgendwie Kacke, aber andererseits hätten wir`s ja nicht anders verdient.* Allgemein herrscht apokalyptische Stimmung, nun lasse sich wohl auch in Europa nicht verhindern, dass die Trottel überall die Macht erringen. Die größte analytische Schärfe erreicht allerdings dieser Artikel, das erläuternde Tortendiagramm vergisst man sicher nicht mehr.

Die ganzen Analysen sind wichtig. Am wichtigsten ist allerdings die Erkenntnis, dass wir - ausgerechnet wir! - langsam zu den letzten gehören, die nicht am Durchdrehen sind. Das sollten wir bewahren. Und das können wir auch bewahren, denn die Zukunft ist noch ungeschrieben und es gibt keine Gesetzmäßigkeit, dass nach Brexit und Trump auch bei uns der Rückschritt herrschen muss.

Was ist zu tun? Wir können uns leider nicht darauf verlassen, dass irgendjemand anderes das für uns übernimmt. Errungenschaften, die man schon gar nicht verteidigt, wird man nicht bewahren können. Also müssen wir für die Dinge einstehen, die uns wichtig sind. Jeder an seinem Platz. Jeden Tag von Neuem. Und kein Defätismus.

(Die erste Zeile dieses Lieds, der Titelmelodie der schönen Fernsehserie "Zur Freiheit", dient mir als Inspiration. Die zweite Zeile dann wieder eher nicht. Aber da kann man ja "lalala" singen.)

*Ein Standpunkt, der immer wunderbar funktioniert, solange einen die Folgen einer bestimmten Entwicklung nicht selbst betreffen.

9 Kommentare:

  1. Die Analyse von Tom Freeman ist großartig, so tiefschürfend habe ich das noch nirgends woanders gelesen.
    Ja, einstehen für die Errungenschaften, das ist wichtig. Und doch bin ich manchmal so müde, wenn ich wieder jemanden "Lügenpresse" oder "Du glaubst der Tagesschau haha" sagen/posten höre/lese, der dann im gleichen Atemzug auf irgendwas vom Kopp-Verlag verweist...
    LG
    Katrin

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist ermüdend und es ist auch nicht richtig klar, was zu tun ist. Aber man darf nicht resignieren. Noch ist nichts entschieden.

      Löschen
    2. (Freemans Analyse hätte ich mir an einigen Stellen noch ausführlicher gewünscht...)

      Löschen
  2. "Am wichtigsten ist allerdings die Erkenntnis, dass wir - ausgerechnet wir! - langsam zu den letzten gehören, die nicht am Durchdrehen sind. Das sollten wir bewahren." -irgendwie bringt mich das jetzt zum Lächeln. :-)

    AntwortenLöschen
  3. Ich freue mich sehr über Deine Sätze, es sollte doch zwischen der erschreckenden Realität und unserer Hoffnung noch Schnittmengen geben!
    Dazu braucht es Menschen die helfen das Fehlende aufzubauen oder zu sehen, die das "Gelächter als der Hoffnung letzte Waffe"(ein Zitat eines Theologen)mit anstimmen.

    AntwortenLöschen
  4. leider werden wir nie erfahren, wie der komet, solo, paragraph oder der metzger seppe das ganze analysiert hätten.

    grüße
    michali

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Metzger Seppe hätte sicher nicht viel gesagt (hab gerade nachgeschaut, der Schauspieler ist noch keine 60).

      Löschen