Es hat sich eine Menge Musik angesammelt, viel Neues auch. Über eine Playlist, die die fantastische Josienne Clarke für ihr neues Album zusammengestellt hat (dazu ein andermal noch mehr), bin ich auf Haley Hendrickx gestoßen. Sie hat schon 2018 ein sehr interessantes Debutalbum mit dem wunderschönem Titel "I need to start a garden" veröffentlicht, das man wohl in die Kategorie Folk einordnen kann. Der Bug collector ist ein ruhiges, atmosphärisches Lied, das ich sehr gerne höre. Was mir bei Hendrickx, wie auch bei vielen anderen jungen Folkmusikerinnen gefällt, ist, dass die Lieder zwar meist ruhig sind, sich aber auch genug Zorn und Aggression findet. Da kommt eine recht schlaue neue Generation.
Vom gleichen Album ist das etwas poppigere (Oom sha la la), in dem sich auch die Titelzeile des Albums wiederfindet. Vor dreißig Jahren wäre so etwas an jedem Abend in der Indie-Kneipe gelaufen. Ich habe mir gerne das digitale Album auf Bandcamp gekauft.
Grace Petrie habe ich auch erst während der Pandemie entdeckt, sie steht für treibenden, politischen Folk, den man vor dreißig Jahren auch in jeder Indie-Kneipe gehört hätte. Die letzte LP "Queer as Folk" (deren Titel ja durchaus programmatisch ist) habe ich oft gehört, ein wirklich schönes und gut gemachtes Album, das einem auch wieder ein bisschen Hoffnung in Bezug auf politisches Liedgut geben kann. Im Herbst gibt es etwas Neues von Grace, den Titel "Storm to weather" dürfen wir schon vorab hören, ein Pandemie-Liebeslied. Klingt manchmal wie ein Selbstplagiat, ist aber trotzdem ein Lied, das mir gerade sehr gut tut; vielleicht kommt Grace Petrie nächstes Jahr ja mal nach Berlin (2020 hatte ich Karten für ein Festival, auf dem sie auch gespielt hätte, das hat ja nicht geklappt).
Zum Abschluss ein wiedergefundenes Lied. 1989 war ich mit M. bei einem Konzert von H.R., dem Sänger der Bad Brains, in München. H.R. wollte damals schon lieber Reggae spielen, als den wahnwitzigen Hochgeschwindigkeits-Heavy-Rock der Bad Brains, es war also ein sehr entspanntes Konzert. Im Gedächtnis war mir geblieben, dass das erste Lied mit "For Jah, in Jah" in dauernder Wiederholung losging. 30 Jahre später kam mir die Idee, mir doch auf Spotify ein bisschen H.R. anzuhören. Und, wer sagt's denn, das Lied hieß "While you were sleeping". Immer noch schön zu hören, auch wenn mir die Freude an der Musik der Bad Brains inzwischen sehr dadurch getrübt wird, dass ich inzwischen weiß, wie schwulenfeindlich die Truppe zumindest in den frühen Jahren war. Leider keine seltene Erscheinung bei religiös inspirierter Musik.