Freitag, 17. Oktober 2014

Alte Bekannte

Heute habe ich in der Zeitung einen Artikel von dem formidablen Jens Balzer über eine Zusammenarbeit der seltsamen Band Sunn0))) und Scott Walker gelesen. Jens Balzer ist wahrscheinlich für mich so ähnlich wie dieser Blog für manche Leser: Ich lese Jens Balzer sehr gerne, insbesondere, wenn er über Musik schreibt, könnte mir aber das meiste, worüber er schreibt, nicht anhören, weil's zu extrem oder merkwürdig ist. Aber das ist auch egal, wenn ein Artikel mit folgendem Satz beginnt:

Lassen Sie sich ebenso gerne wie ich gelegentlich einmal von bestialisch brummenden Basstönen vom Beat einer Bullenpeitsche bestriegeln?

(Welch Kraft der Alliteration!) In diesem Artikel war auch von einem Musiker die Rede, dessen Name mir seltsam bekannt vorkam: Tos Nieuwenhuizen. Plötzlich bin ich um 25 Jahre zurückversetzt. Es ist 1989, ich bin im Zivildienst und habe mich am Abend auf den Weg nach Augsburg gemacht, weil dort Scream, eine Hardcore-Band aus Washington D.C. spielen. Ich habe sie vorher schon einmal gesehen, die zweite LP ist eine von meinen Lieblingsplatten, auswendig gelernt, und alles umarrangiert zu Lagerfeuer-Gitarrenstücken. Dieses Jahr sind Scream mit einem neuen Schlagzeuger unterwegs, einem schmalen Jüngling mit langen Haaren, der David Grohl heißt. Die alten Fans trauern Kent Stax, dem alten Schlagzeuger nach, müssen aber zugeben, dass dieser Grohl schon ziemlich gut ist. 

Aber es ist schon 23 Uhr und noch nichts passiert. Da ich weiß, dass ich am nächsten Tag um 6 Uhr aufstehen muss und dann einen Tag im Garten arbeiten, ist meine Laune nicht allzu gut. Als Vorband sollen God aus Amsterdam spielen. Der Gitarrist und der Schlagzeuger sind schon da, der Bassist ist aber mit Scream im Tourbus und die sind anscheinend nicht in der Lage, Augsburg zu finden. Irgendwann um 23.30 Uhr beginnen God trotzdem, nur mit Gitarre und Schlagzeug. Der Gitarrist hat ein Hütchen auf wie Chico von den Marx Brothers und er heißt Tos Nieuwenhuizen. God sind extrem gut, auch wenn sie für meinen Geschmack etwas zu metallisch sind. Die Band spielt zu zweit fantastisch, irgendwann taucht auch der Bassist auf; merkwürdigerweise schadet das eher dem Sound. Scream spielen dann erst nach 24 Uhr, ich bin schon fast zu müde, um das Konzert noch richtig genießen zu können. Irgendwann gegen zwei bin ich dann wieder zuhause. 

Danach kaufe ich mir die God LP "Sweet Life", später noch "The Shame Tree" und höre dann nie wieder was von der Band. Ab und zu denke ich noch an den Gitarristen mit dem Chico Marx-Hütchen und frage mich, was aus ihm geworden ist....

...bis ich dann heute die Berliner Zeitung lese....

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