Samstag, 29. Oktober 2016

Neuer Krach

The Refused habe ich erst mitbekommen, als es sie gar nicht mehr gab. Ab Anfang der 90er hat mich kontemporäre Musik nicht mehr richtig interessiert, so dass ich auch diese schwedische Band nicht mehr registriert habe. Wahrscheinlich hätte ich auch nicht zu interessiert reingehört, zu metallisch, das Leben ist zu kurz, um Metal zu hören. 1997 haben sie ihr Album "The shape of punk to come" abgeliefert, sich danach aufgelöst. Der Albumtitel ist eigentlich eine Frechheit, weil er sich auf Ornette Colemans bahnbrechendes Free Jazz-Album "The shape of jazz to come" bezieht. Um so etwas zu machen, braucht man schon ein gewisses Selbstvertrauen.*

Auf die Band gestoßen bin ich dann über einen obskuren österreichischen Musiksender 2008, bei dem man tatsächlich immer wieder interessante Musik hören konnte. Ich verdanke ihm u.a. die Kenntnis von Art Brut, Refused und Ben l'oncle soul. Das folgende Video hat meine Aufmerksamkeit auf Refused gerichtet (kleines Bekenntnis: Steckt in ein Video Leute in Tierkostümen und ich werde es mir zumindest bis zum Ende ansehen). Diese Pollunderträger haben sich tatsächlich sehr intelligent bei allen möglichen Genres bedient und daraus eine Art alternativer Gitarrenmusik gebastelt, die wegweisend bleibt (trotz des Gekreisches). The shape of punk to come ist dann doch ein zutreffender Albumtitel.

Inzwischen gibt es die Band wieder, aber mir genügt eigentlich "New Noise".


*Endgültig meta wird es dann bei den von mir sehr geschätzten Sonic Boom Six, die ihren Genre-Terrorismus mit dem schönen Lied "The rape of punk to come" propagiert haben.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Das läuft bei mir

Letzthin auf Youtube in alter Musik rumgekramt und den alten Plastic Bertrand mal wieder angesehen. "Ca plane pour moi" von 1977 lief ja damals irgendwie unter Punk, ab und zu gab es das auch mal in der Schuldisco zm Rumhopsen. Später kam ja raus, dass Plastic Bertrand weder das Lied geschrieben, noch auf der Aufnahme gesungen hatte.


Irgendwie hatte ich noch im Kopf, dass es eine Coverversion des Liedes von Captain Sensible gab, Jet Boy Jet Girl. Ein bisschen nachgelesen, die Sache ist doch etwas komplizierter. "Jet Boy Jet Girl" war ursprünglich von einer Band, die Elton Motello hieß. Der Backing track ist offenbar der gleiche wie bei "Ca plane pour moi", die englische Version kam wohl auch ein paar Monate vor der französischen heraus. Bemerkenswert der Text: Es geht um einen Mann, der eine Liebesbeziehung mit einem älteren Mann hat, und später wegen eines Mädchens verlassen wird. Der Text ist durchaus heavy.

Tja, und die dritte Version? Die deutsche ist natürlich die dümmste. Damals wurden ausländische Hits immer noch für deutsche Schlagersänger eingedeutscht, als deutscher Aushilfspunk wurde hier Benny engagiert. Schlimm. Aber enge Hosen hatten die damals an.

U

Samstag, 22. Oktober 2016

Killer Clowns

Gerade ist ja wieder das Meme vom bösen Clown sehr aktuell. Mit zahlreichen (meist erfundenen) Geschichten über gewalttätige Menschen im Clownskostüm. Grund für einen kurzen Blick auf die musikalische Verarbeitung dieses Themas. Die erste Beschäftigung, die mir geläufig ist, kommt von den Dickies, auch eine Band, der man größere Bekanntheit gönnen würde. Die Dickies hatten ja schon immer eine Schwäche für B-Movie-Themen, die erste LP hieß Ende der Siebziger "The incredible shrinking Dickies", danach kam die wunderbare "Dawn of the Dickies", für mich eine der Poppunk-Referenz-Platten. 1988 dann folgerichtig mit "Killer Klowns from Outer Space" die Titelmelodie für ein grottiges B-Movie. Der Band fehlt schon einiges von der früheren Frische, aber immer noch ein ganz nettes Lied (zu einem bescheuerten Thema).




Ein weiteres Lied zu dem Thema, bei dem nicht der Text, aber das Video mit bösartigen Clowns zu tun hat, ist "Fluorescent Adolescent" von den Artic Monkeys.  Ein sinnlos gewalttätiges Video, das mir aber ganz gut gefällt. Leider haben die Artic Monkeys nach zwei tollen LPs dann leider nur noch eher mittelmäßige Rockmucke gemacht.

Freitag, 21. Oktober 2016

Und sie wundern sich, warum wir uns besaufen

Mal wieder Will Varley, den man Liedermacher nennte, wenn's sowas noch gäbe.
Ich höre ihn sehr gerne, hat eine beruhigende und heilende Wirkung. Im Dezember ist er in Berlin, werde ich mir gerne wieder ansehen.

Samstag, 15. Oktober 2016

Der große Hefepastenkrieg



Die Briten mal wieder. Einiges hat sich getan seit meinem letzten Bericht, Theresa May hat zum ersten Mal skizziert, wie sie sich das Land nach dem Brexit vorstellt, und das ist alles nicht schön. Das Pfund ist auf dem niedrigsten Stand gegenüber dem Dollar seit 198123vbg´ds+‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚x88w7s (Entschuldigung, jetzt war gerade der Kater auf der Tastatur), die Regierung schlägt einen Pranger für Firmen, die Ausländer anstellen, vor, beide Seiten führen im Wesentlichen noch die Kämpfe vor dem Referendum weiter, es findet der große Hefepastenkrieg statt (the great Marmite war) und keiner weiß wie's weiter gehen soll. Für den Bericht verweise ich auf Robert Rotifer, der als EU-Bürger seit langem im UK wohnt, auch dazu bloggt, und auch noch gute Musik macht. Sein Bericht findet sich hier. Seinen Optimismus in Bezug auf die Labour-Partei teile ich nicht ganz, aber ich bin auch weiter weg vom Geschehen. 

Warum muss uns das Schlamassel der Briten interessieren? Zum einen, weil ich denke, dass wir von ähnlichen Diskussionen gar nicht so weit entfernt sind und die Situation im UK ein Beispiel ist, wie schnell eine gesellschaftliche Diskussion kippen kann und das Unsagbare wieder sagbar wird. Zum anderen, weil man zwei Lehren daraus ziehen kann: Das passiert, wenn sich die konservative Mitte aus machtstrategischen Gründen die Themen der extremen Rechten zu eigen macht. Und das passiert, wenn die Linke eine Antiglobalisierungsstrategie erfolgreich mit unkonventionellen Partnern durchziehen will. Fragt doch mal einen Linken im UK nach dem Stand des Brexit als Antiglobalisierungsprojekt. (Zu diesem Gesichtspunkt, aus einer anderen Perspektive auch der Kiezschreiber hier). 


Donnerstag, 13. Oktober 2016

Bob Dylan wrote propaganda songs!

Das Wort zum Literatur-Nobelpreis kommt von den Minutemen:

(Die Jungs hatten schon immer die besten Songtitel.)

Dienstag, 11. Oktober 2016

Ohne Grund (3)

"Meikel war noch wesentlich gefährlicher als Tommi. Meikel hatte Tommi schon in der Endzeit des KFC immer verkloppt. Und nach der Trennung hat er ihm dann mal aufgelauert. Da saß Tommi in seinem Auto, einem riesigen, alten Citroen, und wollte aussteigen. Und Meikel hat ihn von oben zusammengehauen. Einfach durch das runtergelassene Seitenfenster. Tommi hat das als sehr degradierend erlebt. Weil er sich nicht wehren konnte. Der war angeschnallt und kam aus dem Sitz nicht raus." (Tobias Brink, KFC, in: Verschwende deine Jugend)

Nein, nicht noch einmal Peppone, sondern ein kurzer Verweis auf die Deutschpunkband, die auch schon einmal ein Lied "Ohne Grund" aufgenommen hat, allerdings 35 Jahre früher. Ich habe den KFC ja immer gemocht, die Jungs haben allerdings den Namen Kriminalitätsförderungsclub etwas zu wörtlich genommen. Die Schilderungen aus "Verschwende deine Jugend" machen es einem im Nachhinein etwas schwer diese selbstzerstörerische und sinnlos gewalttätige Band zu mögen. Allerdings haben sie ein paar Stücke aufgenommen, die wirklich wegweisend waren (ein paar fanden sich auch schon in früheren Posts). "Ohne Grund" gehört wohl auch dazu, wenn man die letzten zwei Minuten Gitarrenfeedback mal weglässt. Tommi Stumpff singt "Geh nicht ohne Grund", aber Gründe zum Gehen hätte es wohl genug gegeben.


Samstag, 8. Oktober 2016

Ohne Grund (2)

So, jetzt habe ich den Downloadcode für die Peppone-LP "Ohne Grund" bekommen. Vorher kannte ich ja nur, die Lieder, die vorab auf Youtube eingestellt wurden. Um mir ein Bild zu machen, muss ich mir eine Platte aber immer am Stück in Ruhe anhören. Und das konnte ich jetzt tun.

Auf der Platte sind zehn Stücke, sie dauert 38 Minuten. Die Band besteht aus drei Musikern und einer Beatbox, die drei bedienen zwei Gitarren, einen Bass und eine Orgel. Die Musik ist ruhiger Postpunk, der mich an die Boxhamsters und manchmal an Muff Potter erinnert, die allerdings mit der Beatbox und der Orgel eine sehr eigene Note hat. Bei "Das Urteil" habe ich auch an EA 80 gedacht. Die Chöre verirren sich in den Liedern wunderbar, in einer Weise, wie ich sie auch bei The Hated geliebt habe. Die Lieder haben deutsche Texte, die eher persönlich und fragmentarisch sind. Ich mag das sehr gerne. Wer gerne einfache Parolen zum Mitgrölen hat, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Die Texte entziehen sich der einfachen Deutung, bei aller Uneindeutigkeit sind aber immer wieder Zeilen dabei, die wie ein Schlaglicht bestimmte Situationen beleuchten, und die ich mir deswegen vor dreißig Jahren auf die Lederjacke mit Deckweiß geschrieben hätte. Auf mein Jackett kann ich mir jetzt nichts mehr schreiben, schade eigentlich. Es gibt seit einigen Jahren eine Vielzahl von deutschen Bands, die deutsch singen, auch eher persönlich. Die meisten finde ich furchtbar und anbiedernd, von einer erschreckend platten Eindeutigkeit. Da tut es gut, anderes zu hören. Und es gibt auch das andere, allerdings weitab von den Radios, Musikzeitschriften. Ich finde es wichtig, dass man auch von diesen Bands erfährt.

Ich nehme an, dass die Jungs von Peppone auch schon seit ein paar Jahrzehnten dabei sind, entfernt vom jugendlichen Ungestüm, aber trotzdem noch begeistert und beglückt von der Musik, mit einer genauen Vorstellung, wie sie sich anhören muss. Und mit einer klaren Vorstellung, wie sie sich nicht anhören darf. Und man wundert sich selbst, warum man das alles eigentlich noch macht. Das steckt in dem schönene Eröffnungsstück JPN und ich glaube, ich weiß genau, was hinter der letzen Zeile "Solange wir das hier noch tun machen wir keinen anderen Blödsinn" steckt. Deutsche Bands haben meistens den Nachteil, dass es bei den Texten entweder Teenage-Überschwang oder dann reine Klischees gibt. Rebellische Attitüde altert nicht immer gut. Bei Peppone habe ich das Gefühl, dass sie in den Texten schaffen, das Erwachsenenleben zu beschreiben, ohne zu verspießern oder in den Rockklischees zu versumpfen. "Am besten weg" ist ein schönes Beispiel, das eine Situation illustriert, die jeder Erwachsene täglich erlebt: In die Konfrontation gehen oder nachgeben, um des lieben Frieden willens? Wenn's drauf ankommt: "Auch ich habe eine Liste, auf der Du stehst. Kein Kompromiss heut - es ist besser Du gehst." Ein bisschen aus dem Rahmen fällt "Wegen Frauke". Nein, kein Liebeslied, auch wenn es mit einem "Love is in the air"-ähnlichen Bassriff beginnt.  Es handelt davon, dass die Uneindeutigkeit der Texte manchmal auch dazu führt, dass die falschen Leute  sich für die Band begeistern. Denn: "Was zwischen den Zeilen steht, wurde noch nie aufgeschrieben."  Und deswegen formuliert die Band am Ende des Liedes ein deutliches "Nein", damit nicht die falschen Leute ihre Lieder mitsingen. Wegen Frauke.

Ich mag Magdeburg gern, bin da auch immer wieder mal und kenne dort Leute, über die ich mich immer freue, wenn ich sie sehe. Nun kenne ich von dort auch Peppone.

Näheres zu "Ohne Grund" und weitere Hörproben finden sich hier. Wenn ich es richtig sehe, sind von den LPs gar nicht mehr so viele übrig.

Freitag, 7. Oktober 2016

Ohne Grund

"Und wir tanzten bis zum Ende zum Herzschlag der besten Musik. Jeden Abend, jeden Tag, wir dachten schon, das ist der Sieg." (Fehlfarben, Das war vor Jahren)

Torsten von der Bördebehörde hat nicht nur einen schönen Blog und einen extravaganten und exquisiten Musikgeschmack, sondern er betreibt auch ein Plattenlabel, das auch Bördebehörde heißt. Auf diesem Label erscheint die neue Peppone-LP "Ohne Grund".

Ich kenne weder Torsten noch Peppone persönlich, aber ich weiß, dass es viele Leute gibt, denen es ähnlich gehen wird, wenn sie die Musik hören. Die Musik wurzelt in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern, als es auf einmal wieder deutsche Bands gab, die deutsche Texte, Haltung und schöne Gitarrenmusik miteinander verbinden konnten. Ich würde mal vermuten, dass bei den Peppone-Leuten ein paar Boxhamsters und Muff Potter-LPs rumstehen. Man hatte endlich die Musik gefunden, die einem Heimat sein konnte, und musste dann später feststellen, dass die Welt sich weiterdreht und dass die Leute doch lieber gräßliche Musik hören, auch wenn es so viel schöne Sachen gibt.

Dann stößt man wieder auf Bands wie Peppone und kann beruhigt sein, dass die Tradition weitergetragen wird. Und es gibt noch genügend Leute, die sich erinnern und freuen. Die LP kann man hier bestellen. Ich hab schon zugeschlagen.

Mittwoch, 5. Oktober 2016

Micky Maus im Krieg

Den Disney-Konzern stellt man sich ja eher unpolitisch vor. Es ist ja einigermaßen bekannt, dass es einige Donald Duck-Propagandafilme im Zweiten Weltkrieg gab, am bekanntesten "Der Führers Face" von 1943, der den tristen Kriegsalltag in Deutschland zeigte. Daneben gab es in den Vierzigern eine ganze Reihe von Donald-Filmen, die Donald in der amerikanischen Armee zeigten. Die Filme waren sogar einigermaßen subversiv, weil Donald seinen Vorgesetzten, den bösen Kater Karlo, regelmäßig zur Verzweiflung, in die Arrestzelle oder in die Zwangsjacke brachte (auf DVD gibt es die Armeegeschichten als "Donald im Wandel der Zeit - Teil 2").

Die Kriegsaktivitäten von Micky Maus sind weniger bekannt, wahrscheinlich auch deswegen, weil die entsprechenden Comics nach dem Krieg lange Zeit in Europa nicht veröffentlicht wurden. Nach dem Kriegseintritt der USA  Ende 1941 wurde der Krieg allerdings auch in dem täglichen Micky Maus-Zeitungscomic, den Floyd Gottfredson seit 1930 zeichnete, ein Thema. Der Zeitungscomic war  immer auch an ein erwachsenes Publikum gerichtet und begann nun patriotische Themen aufzugreifen. In der Geschichte "Der geheimnisvolle Rabe" (August - November 1942)* versuchen Goofy und Micky einen kriegswichtigen Job in Armee oder Rüstungsindustrie zu bekommen, Goofy ist allerdings zu dämlich und Micky zu klein. Minnie dagegen hat keine Probleme, einen Job bei den Kriegsfreiwilligen zu bekommen, und gibt den beiden den Rat, es als Erntehelfer zu versuchen. Die Geschichte zieht ihre Komik zunächst daraus, dass Micky überall nicht als vollwertiger Arbeiter angesehen wird, weil er zu klein ist. Auf der Farm treibt allerdings auch ein Saboteur, der sich als Krähe verkleidet, sein Unwesen und versucht die Ernte zu vernichten. Micky fängt den Saboteur bevor er einen Staudamm sprengen kann. Es stellt sich heraus, dass der Saboteur Bauern hasst, da er bei einer Gemüseausstellung nur den zweiten Preis erhalten hat. Insgesamt also eine krude Geschichte vor dem Hintergrund des Krieges, die sich allerdings nicht wesentlich von den anderen Geschichten dieser Zeit unterscheidet.

(Copyright Walt Disney, Bild aus Walt Disney's Mickey Mouse by Floyd Gottfredson, Volume 7, March of the Zombies)

Die folgenden eher kurzen Geschichten greifen dann das Thema Arbeiten für Rüstungsbetriebe wieder auf. Interessant ist hier, dass - entsprechend der Kriegsrealität - die Arbeit vor allem von Frauen gemacht wird. Während Gottfredson in früheren Geschichten das Verhältnis der Geschlechter eher auf Mario Barth-Niveau darstellt, lässt er hier Micky schmerzhaft feststellen, dass die Frauen die Arbeit eigentlich besser machen. Er muss sogar feststellen, dass die Omas schneller schrauben können als er.

(Copyright Walt Disney, Bild aus Walt Disney's Mickey Mouse by Floyd Gottfredson, Volume 7, March of the Zombies)

Am 28.6.1943 ändert sich die Micky Maus-Welt. Anstelle der bisherigen Texter Dick Shaw und Merrill de Marris kommt nunmehr Bill Walsh, der später Drehbücher schrieb und Produzent war für Filme wie "Mary Poppins" und "Herbie ein toller Käfer". Für mich enden mit Bill Walsh die klassischen Gottfredson-Zeiten. Die erste Geschichte beginnt damit, dass Kommissar Hunter Micky bittet, sich in eine Benzin-Schmuggel-Bande einzuschleusen. Es stellt sich heraus, dass die Schmuggler Nazi-Spione sind. Die Geschichte ist am 17.7. schon zu Ende und ist reichlich krude, aber was will man bei einem Titel wie "Das Nazi-U-Boot" schon groß erwarten?**

Die Geschichte bereitet allerdings nur ein weiteres, längeres Abenteuer vor, das Micky noch weiter in die Kriegsrealität führt. Am 29.7.1943 sieht man zum ersten Mal ein Bild von Hitler in einem Micky Maus-Comic. Micky soll eine Geheimwaffe, ein neues Flugzeug testen. Kater Karlo, der im Sold der Nazis steht, entführt ihn nach Deutschland. Dort wird gezeigt, wie die Generäle in einem zerstörtem Land ein gutes Leben führen, während es dem Volk an allem fehlt. Micky kann entkommen, Generäle und Kater Karlo gefangen nehmen und nach Amerika entführen; vorher reißt er aber noch am 19.10. das Dach von Hitlers Haus auf dem Hohensalzberg. Die Nazis, die am 20.10.1943 noch der Auffassung sind "Ja... Der Amerikaner iss kapoot", werden schnell eines besseren belehrt.

(Copyright Walt Disney, Bild aus Walt Disney's Mickey Mouse by Floyd Gottfredson, Volume 7, March of the Zombies)

Nach dieser wilden, kruden und propagandistischen Geschichte kehren Walsh und Gottfredson zu mehr konventionellen Abenteuern zurück (Nazi-Agenten tauchen allerdings auch noch später auf). Die verrückt heile Welte von Mousetown kehrt allerdings nicht mehr zurück. Die Welt hat Risse bekommen. Kater Karlo wird dann später auch im Sold Moskaus stehen, als für eine kurze Zeit der kalte Krieg in die Micky Maus-Zeitungscomics weht.


(Copyright Walt Disney, Bild aus Walt Disney's Mickey Mouse by Floyd Gottfredson, Volume 7, March of the Zombies)

*Die Geschichte ist auf deutsch in "Ich, Goofy 2" (Melzer Verlag) veröffentlicht.
** Auf deutsch ist die Geschichte in "Die besten Geschichten von Floyd Gottfredson" veröffentlicht.
*** Die Geschichten sind auf englisch in "Walt Disney's Mickey Mouse by Floyd Gottfredson, Volume 7, March of the Zombies" erschienen. Auf französisch finden sie sich in "L'age d'or de Mickey Mouse par Floyd Gottfredson, Tome 5, 1942-1944".

Montag, 3. Oktober 2016

Nur Nachspeisen

"Immer wenn ich verletzt werde, lass ich das Abendessen aus und esse nur die Nachspeise." (Art Brut, Just Desserts)
Ich habe ja eine Schwäche für Art Brut seit ich vor einigen Jahren im Fernsehen mal das Video zu "Alcoholics Unanimous" gesehen habe. Erst einige Jahre später habe ich herausgefunden, dass Eddie Argos, der Sänger, bei uns um die Ecke wohnt. Und dass die Band wirklich sehr viele wunderbare Lieder hat. Das Spin-Magazin hat Eddie Argos einmal einen der "großen Poeten des Alltäglichen" genannt. I concur.

"Die Diät geht morgen los."

Eddie Argos hat für die Familie Ackerbau eine Spezialversion seines "Unglücklicherweise schmecken Kalorien deliziös"-Bildes gemalt, anstelle des Glases Nutella sieht man hier eine Tafel Marabou-Schokolade.


Samstag, 1. Oktober 2016

Alles wird gut!

Wer gemeint hat, dass ich bei meinen Betrachtungen zur britischen Politik etwas übertreibe, was die Qualität der Akteure angeht, den kann ich beruhigen: Es ist alles noch viel schlimmer.

Man kann es zwar Boris Johnson nicht anlasten, dass das bösartigste und dümmste Blatt Englands, The Sun, bei dem Bericht über seinen Türkeibesuch vor allem über seine neue Frisur schreibt (sogar in der Überschrift).



Was er in einem Interview mit dem Blatt erzählt, lässt einen dann doch glatt glücklich über unsere Ministerriege sein. Er fängt wieder mit dem Prosecco an ("We are pro-secco, but by no means anti-pasto") und singt den Interviewern zur Verdeutlichung, dass alles wunderbar wird, ein bisschen Bob Marley vor.

In Zeiten wie diesen wünscht man sich doch einen solchen Außenpolitiker, oder? (Wenn ich in Zukunft Frank-Walter Steinmeier im Fernsehen sehe, wird deutlich mehr Zärtlichkeit in meinem Blick sein als vorher.)

Für den weitergehend Interessierten, der Action Plan for Brexit, der von weiten Teilen der Conservativen unterstützt wird (man kann nicht glauben, dass das von Leuten unterstützt wird, die irgendwann mal Minister waren):


Und nun, zum ersten und letzten Mal auf diesem Blog: Boris Marley. Zur Beruhigung. Macht euch keine Sorgen. Alles wird gut!