Die Magdeburger Beatbox-Punker von Peppone kamen nach Berlin, also machte ich mich auch auf den Weg. Leider kam Torsten von der Bördebehörde nicht mit, wäre eine nette Gelegenheit für ein Treffen gewesen.
Das Konzert fand im Kvu in der Storkower Straße statt; kannte ich vorher noch nicht, aber es gibt ja immer noch die Faustregeln aus den alten Zeiten: Wenn man in der Nähe ist, einfach gucken, wo sich die merkwürdigen Leute treffen. Genauso auch in der Storkower Straße, im Gewerbegebiet eine verranzte Location, vor der schon genügend Leute warten. Auch ich stelle mich dazu, am Einlass gibt es die Auskunft, dass es noch ein bisschen dauert. Vor der Tür ein Merkblatt über das richtige Verhalten bei den Abendveranstaltungen, um Belästigungen zu vermeiden; offenbar bin ich nicht mehr auf dem Stand der Hinweise für Alternativkonzerte. Als es dann losgeht, will man beim Einlass die Kamera meines Handys abkleben. Eine kurze Nachfrage, ob hier denn wirklich das Konzert sei, ergibt, dass ich 15 Minuten für einen Körpererfahrungs- und SM-Workshop angestanden habe. Ich werde zwei Häuser weiter geschickt und gehe an den fassungslosen Türstehern so würdevoll wie möglich weiter. Ich tröste mich damit, dass mir der Irrtum wahrscheinlich auch so irgendwann im Laufe des Abends aufgefallen wäre.
(In der Umgebung hätte es ja auch noch ein paar andere Alternativen gegeben:)
Im Kvu angekommen höre ich mir den Soundcheck von Moloch an. Atmosphäre eines Jugendzentrums der 80er Jahre, Eintritt als Spende, 5-8 Euro, es wird geraucht, es gibt Sofas. Auf dem Sofa treffe ich ein Berliner Urgestein, das verzweifelt versucht, meinen Beruf zu erraten. "Ey, du bist Bulle, wa?" - "Nein, warum denn?" (Zeigt auf meinen Bauch) "Aber vom Finanzamt, wa?" "Nein." "Jetzt weiß ick: Inkasso." (Wahrscheinlich ist es ein Fehler, Cordhosen zum Punkkonzert anzuziehen.) Mit ein paar Bier wird das alles geklärt. Auch das Bier erinnert an Jugendzentren der 80er: Die Halbe für 1,80.
Moloch spielen und gefallen mir überraschend gut. Alles ziemlich heftig, aber jenseits der üblichen Punkklischees. Gute Band.
Danach Peppone. Ich habe hier ja schon genug von der Band geschwärmt. Live auch extrem gut und sympathisch. Leider ein eher kurzes Set, aber alle Hits dabei, "Das Urteil", inzwischen mein Lieblingslied der neuen LP,
"Das Schweigen", "Herr Ober","Die Raupe" und natürlich "Raketenrucksack". Hat Spaß gemacht, konnte man auch schön dazu herumhopsen. Die letzten Lieder spielen die Peppones auch mit richtigem Schlagzeuger, der Gitarrist von Ben Racken setzt sich an die Drums. Interessanterweise fehlt einem aber auch bei den Liedern mit Beatbox nichts.
Danach Ben Racken, da es aber schon nach 12 ist, mache ich mich auf den Heimweg. Auf dem Weg zur S-Bahn treffe ich G. aus Burundi, der auch bei dem Konzert war. Ich erfahre, dass er die Band von seiner Zeit in Magdeburg kennt und gut findet. Wir haben fast den gleichen Heimweg und verabreden uns für das Pankower Trommelfest im Juli.
Sonntag, 30. April 2017
Samstag, 22. April 2017
Vögel
Über die merkwürdigen Münchner Punkbands der frühen 80er habe ich ja schon geschrieben. A+P hatten früh eine LP, auf der neben dem üblichen Punkkram auch noch ein paar sehr seltsame Lieder waren. Dazu gehört sicherlich auch das folgende, Vögel. Ich hatte vom Text immer nur noch eine Zeile in Erinnerung, der ist aber insgesamt sehr schräg. Zumindest der Refrain "Grizmek hat nen Knall" ist nur für Kinder der 80er verständlich.
Dienstag, 18. April 2017
Playing tricks
Ein weiterer Beitrag zur Archivpflege. 1989 hatte ich begonnen mit einem Vierspurgerät in meinem Zimmer aufzunehmen; bald zogen wir zu Pobsl in den Keller um, wo wir merkwürdigen Folk fabrizierten. Später spielten wir ein paar dieser Lieder dann auch mit Band, "Playing tricks" war eher nicht dabei, weil sich dieses nervöse Gitarrengehämmer schlecht mit Band umsetzen ließ. Ich mag das Lied aber immer noch, vor allem wegen der schönen Blues harp, die Pobsl spielte.
(Keine Ahnung, warum ich mich im Text damals so aufregte.)
(Keine Ahnung, warum ich mich im Text damals so aufregte.)
Die Erinnerung dunkelgrau
So hieß das Bäckar-Tape, das wir 1989 herausbrachten. Waren ein paar schöne Lieder dabei, z.B. der Konzert-Evergreen "Ratten" (Punkrock ist, wenn man das Intro auch nach 10 Jahren noch nicht fehlerfrei spielen kann). Für das Video habe ich ein bisschen in den Archiven nach Bildchen gekramt.
Und das Stück "I'm alone", mehr Hüsker Dü wurde es bei uns nicht mehr. Unser damaliges Konzept war es, Lagerfeuerlieder mit verzerrten Gitarren zu spielen.
Und das Stück "I'm alone", mehr Hüsker Dü wurde es bei uns nicht mehr. Unser damaliges Konzept war es, Lagerfeuerlieder mit verzerrten Gitarren zu spielen.
Sonntag, 16. April 2017
Vor dreiunddreißig Jahren
Auch wenn ich hier drei Tage verspätet bin, habe ich's natürlich nicht vergessen: am 14.4.1984 wurde die Band "Die Bäckar" gegründet. Anderswo habe ich schon einmal über diesen Tag geschrieben.
Zur Feier des Tages ein Stück aus dem 1989er Tape "Die Erinnerung dunkelgrau". "Winter" habe ich immer gern gemocht, der Refrain bleibt einem schon im Gedächtnis. Es gibt auch Gründe, warum ich das Lied lieber erst im Frühling hier einstelle.
Nur von musikhistorischem Interesse für Erforscher des Allgäuer low-budget Punks der späten 80er oder tatsächlich noch etwas, das man sich anhören kann? Diese Beurteilung kann ich euch nicht abnehmen. Ich werde hier auf jeden Fall in der nächsten Zeit noch ein bisschen mehr von den noch vorhandenen Aufnahmen einstellen,
Zur Feier des Tages ein Stück aus dem 1989er Tape "Die Erinnerung dunkelgrau". "Winter" habe ich immer gern gemocht, der Refrain bleibt einem schon im Gedächtnis. Es gibt auch Gründe, warum ich das Lied lieber erst im Frühling hier einstelle.
Nur von musikhistorischem Interesse für Erforscher des Allgäuer low-budget Punks der späten 80er oder tatsächlich noch etwas, das man sich anhören kann? Diese Beurteilung kann ich euch nicht abnehmen. Ich werde hier auf jeden Fall in der nächsten Zeit noch ein bisschen mehr von den noch vorhandenen Aufnahmen einstellen,
Dienstag, 4. April 2017
Donnerwetter, verdammte Scheiße, ein Whisky
Nachdem hier vor ein paar Tagen suchtmittelverherrlichende Musik aus dem Griechenland der Dreißiger Jahre das Thema war, heute einmal etwas zu suchtmittelverherrlichenden Musik der Bundesrepublik der frühen Siebziger.
Heino hatte damit einen großen Hit. Bevor ich auf das Lied eingehe (und die merkwürdige Überschrift des Beitrags erläutert), muss ich ein paar peinliche Enthüllungen zu Heino machen: Als Kind durfte ich Samstags immer Hitparade sehen und Anfang der Siebziger waren die Interpreten der Sendung immer in großen Bildern in der Kulisse angekündigt. Ich weiß, dass ich mich immer gefreut habe, wenn da auch Heino zu sehen war. Wahrscheinlich ist Heino mit "Die schwarze Barbara" das früheste Fernseherlebnis, an das ich mich erinnern kann (noch in schwarz-weiß). Es macht es wahrscheinlich nicht besser, dass Heino in der amerikanischen Alternative-Szene der Achtziger ein paar Fans hatte, ich erinnere mich an ein Interview mit Jello Biafra zu dem Thema und Beck war, glaube ich, auch Heino-Fan.
"Karamba, Karacho, ein Whisky" ist ein Lied, bei dem ich sofort das Bild eines der damals beliebten vom Heimwerker ausgestatteten Partykeller vor Augen habe. Der Text spricht die Sehnsucht nach Exotik an, exotische Spirituosen waren damals sowieso ein großes Schlagerthema. Nach meiner Erinnerung trank man damals aber eher Sachen, bei denen nicht der Rausch, sondern das Erblinden die größte Gefahr war, ausländischer Schnaps war eher ein absolutes Luxusgut (wenn's Whisky gab, war's dann wohl eher Racke Rauchzart, heimischer Sprit/Whisky-Verschnitt). Der Titel des Lieds zeigt auch ein bisschen das Problem der bundesdeutschen Lust an Exotik: Caramba soll eigentlich eine euphemistische Umschreibung für Carajo sein, Carajo aber bedeutet wörtlich soviel wie Penis. Die Übersetzung von "Karamba, Karacho ein Whisky" im Post-Titel ist also nicht an den Haaren herbeigezogen, es könnte sogar wörtlich "Pullermann, Penis, ein Whisky" heißen. Damit könnte man ja eigentlich ganz gut leben. (Da ich überhaupt keine Ahnung von Spanisch habe, musste ich lange überlegen, wo ich denn die Analyse dieses Heino-Titels zum ersten Mal gelesen habe. Dank Interwebs kam ich drauf: Herr Hennig hat dazu in der Berliner Zeitung mal geschrieben.)
Dann also mal mit Karacho zu neuen Taten! (Das Lied konnte ich mir allerdings nicht mehr bis zum Ende anhören. Als Vierjähriger war ich noch belastbarer.)
Heino hatte damit einen großen Hit. Bevor ich auf das Lied eingehe (und die merkwürdige Überschrift des Beitrags erläutert), muss ich ein paar peinliche Enthüllungen zu Heino machen: Als Kind durfte ich Samstags immer Hitparade sehen und Anfang der Siebziger waren die Interpreten der Sendung immer in großen Bildern in der Kulisse angekündigt. Ich weiß, dass ich mich immer gefreut habe, wenn da auch Heino zu sehen war. Wahrscheinlich ist Heino mit "Die schwarze Barbara" das früheste Fernseherlebnis, an das ich mich erinnern kann (noch in schwarz-weiß). Es macht es wahrscheinlich nicht besser, dass Heino in der amerikanischen Alternative-Szene der Achtziger ein paar Fans hatte, ich erinnere mich an ein Interview mit Jello Biafra zu dem Thema und Beck war, glaube ich, auch Heino-Fan.
"Karamba, Karacho, ein Whisky" ist ein Lied, bei dem ich sofort das Bild eines der damals beliebten vom Heimwerker ausgestatteten Partykeller vor Augen habe. Der Text spricht die Sehnsucht nach Exotik an, exotische Spirituosen waren damals sowieso ein großes Schlagerthema. Nach meiner Erinnerung trank man damals aber eher Sachen, bei denen nicht der Rausch, sondern das Erblinden die größte Gefahr war, ausländischer Schnaps war eher ein absolutes Luxusgut (wenn's Whisky gab, war's dann wohl eher Racke Rauchzart, heimischer Sprit/Whisky-Verschnitt). Der Titel des Lieds zeigt auch ein bisschen das Problem der bundesdeutschen Lust an Exotik: Caramba soll eigentlich eine euphemistische Umschreibung für Carajo sein, Carajo aber bedeutet wörtlich soviel wie Penis. Die Übersetzung von "Karamba, Karacho ein Whisky" im Post-Titel ist also nicht an den Haaren herbeigezogen, es könnte sogar wörtlich "Pullermann, Penis, ein Whisky" heißen. Damit könnte man ja eigentlich ganz gut leben. (Da ich überhaupt keine Ahnung von Spanisch habe, musste ich lange überlegen, wo ich denn die Analyse dieses Heino-Titels zum ersten Mal gelesen habe. Dank Interwebs kam ich drauf: Herr Hennig hat dazu in der Berliner Zeitung mal geschrieben.)
Dann also mal mit Karacho zu neuen Taten! (Das Lied konnte ich mir allerdings nicht mehr bis zum Ende anhören. Als Vierjähriger war ich noch belastbarer.)
Samstag, 1. April 2017
Ouzo, Morphium und Haschisch
"Ouzo, Morphium und Haschisch - ich trinke, um zu vergessen" singt Roza Eskenazi in diesem Lied. Das sollte bei dieser Mischung gelingen. Das Lied ist tatsächlich 1935 bei Odeon regulär veröffentlicht worden. Für die Musik gab es offensichtlich ein Publikum.
Ansonsten ist hier im Blog ja eher von den alten Männern des griechischen Rembetiko die Rede, der große Markos ist für mich ein beständiger Tröster wie es ansonsten nur John, Jeffrey Lee oder Glenn sind. In den dreißiger Jahren gab es in Griechenland aber auch genügend Frauen, die bemerkenswerte Musik gemacht haben (die wunderbare Sotiria Bellou, von der hier schon die Rede war, und Stella Haskil, deren Mondlose Nacht ein Klassiker ist, waren eher in der Nachkriegszeit aktiv). Anfang der Zwanziger Jahre endete der törichte Versuch der Griechen, Konstantinopel zurückzuerobern mit einer verheerenden griechischen Niederlage, in deren Folge eine Million griechisch-orthodoxer Menschen aus der Türkei flüchten mussten. Die Flüchtlinge siedelten sich vor allem in den Großstädten an. Die orientalisch geprägte Musik der Flüchtlinge (nach dem griechischen Namen der Stadt Izmir, aus der viele kamen, oft Smyrna-Stil genannt) mischte sich bald mit der Musik der Rembetes-Subkultur. Anders als bei den Rembetes spielten hier oft professionelle und geübte Musiker, allerdings fand sich hier der gleiche Realismus und Pessimismus, der auch die frühere Rembetika-Musik so atemberaubend machen. Die dreißiger Jahre waren die Zeit der Sängerinnen, allen voran Rita Abatzi (von der man hier schon das schöne Lied "Schlag alles zusammen für mich" hören kann. Der Text endet, schon fast existenzialistisch mit den Zeilen "ich kann schon im nächsten Moment tot sein"). Während bei den Rembetes der vertrackte 9/8-Takt des Zembekiko, der den einsamen Tanz eines Mannes begleitete, vorherrschte, gab es beim Smyrna-Stil häufiger einen Verweis auf den Tsifteteli, eine Art griechischen Bauchtanz. Wie das Eingangslied beweist, gab es auch ansonsten wenig Tabus in der Musik, das schien aber dem großstädtischen Bürgertum in Griechenland in den Dreißigern gut zu gefallen, die Cafés, in denen Roza Eskenazi oder Rita Abatzi sangen, waren gut besucht.
Roza Eskenazi ist in vielerlei Hinsicht eine faszinierende Frau, auf Youtube findet man Videos, wie sie noch mit 80 Jahren zu ihrer Musik tanzt. Wie ihr Name schon andeutet, war sie Jüdin; die Rembetika-Musik Smyrna-Style hat auch einiges mit der Klezmer-Musik gemeinsam. Es gibt einen interessanten Dokumentarfilm über sie, "Mein süßer Kanarienvogel" (in dem die Musik auch von zwei Musikerinnen aus Griechenland und der Türkei sowie einem Musiker aus Israel nachgespielt wird, was den eigentlich übernationalen Charakter dieser Musik schön unterstreicht). An Dramatik stand ihr Leben kaum dem der berühmten Bluessängerinnen nach.