"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Freitag, 16. Juni 2017

Wüstenfluss

In den frühen 80er Jahren wurden in den USA die Grundlagen dafür geschaffen, dass aus der Punkbewegung eine umfassende alternative Musikkultur über die verschiedensten Genres hinaus entstand. Wegweisend war das Black-Flag-Plattenlabel SST, das kurz vor dem Zusammenbruch eine wundersame Mischung aus Punk, Hardcore, Jazz und Folk verbreitete. Das Label-Motto war "Corporate Rock sucks", was man vielleicht mit "Großkonzern Rock ist Scheiße" übersetzen könnte. Bands wie Hüsker Dü und Minutemen legten den Grundstein für das, was in den 90er Jahren sich als Alternative Rock etablieren konnte.

Ein weiteres Genre wurde damals von den Industriefesseln befreit, nämlich der Hard Rock. Wer hier ab und zu mitgelesen hat, weiß, dass ich kein Freund von Hard Rock und Heavy Metal bin, deswegen hat mich das damals auch nicht sonderlich begeistert. Die Bands, die Mitte der 80er Hard Rock aber neu entdeckt haben (hier sind vor allem auch viele Bands aus Washington DC zu nennen), waren aber wahrscheinlich der Auslöser für Grunge, New Metal und was es sonst noch für Furchtbarkeiten gab.

Eine wenig bekannte, aber durchaus einflußreiche Band war SWA, getragen vor allem vom Sänger Merrill Ward und dem Bassisten Chuck Dukowski (der früher bei Black Flag gespielt hatte). Ward war eher ein Hard Rock-Shouter, die Lieder der Band waren deutlich kontrollierter als die üblichen Hardcore-Stücke. Im Nachhinein ist es schwer zu erkennen, wie revolutionär die Band war, weil man inzwischen eben Tausende von Epigonen gehört hat. Mitte der 80er konnte man so etwas keinem Metal-Fan vorspielen, das war nicht so, wie Metal oder Hard Rock zu sein hatte.

Die SWA-Platten bekommt man inzwischen, wenn überhaupt, nur noch auf Ebay. Die erste LP hatte den schönen Titel "SWA is your future if you have one". Die letzte Platte XCIII (es gab später noch einmal eine, ohne Ward, die aber kaum hörbar ist) wurde mit Gitarristin Sylvia Juncosa aufgenommen und enthielt das wohl bekannteste Lied, Arroyo. Zu diesem Lied nahm die Band (mit Ward als Regisseur) ein relativ aufwendiges Video auf. Das Stück handelt vom Arroyo, dem Wüstenbach, der wohl die Frauen symbolisieren soll, über den Text mag ich hier lieber nichts schreiben. Das ganze Video hat eine merkwürdige 80er-Jahre-Porno-Ästhetik, man kann Merrill Ward zusehen, wie er so langsam halb verdurstend durch die Wüste geht, Sylvia Juncosa taucht als mystische Indianerin, Chuck Dukowski als Cowboy mit schlechten Zähnen auf. In einer Deliriumsszene denkt Ward, er knutsche leicht bekleidete Frauen ab, in Wirklichkeit umarmt er aber einen Kaktus.

Das Lied ist allerdings nicht ohne Reiz, wenn man sich einmal dafür entscheidet, wie ernst man das Video nehmen will. Der Refrain bleibt einem nachhaltig im Kopf hängen. Und bei der Recherche habe ich festgestellt, dass Merrill Ward inzwischen Videos von der Violinstunde seines Sohnes auf Youtube einstellt.

Freitag, 9. Juni 2017

Meine Lieblings-LP

Der Wahlpankower Eddie Argos schreibt ja nicht nur Bücher und Comics und macht Musik, sondern malt auch Bilder, die mir sehr gut gefallen. Derzeit gibt es eine Aktion, bei der Eddie die Cover der Lieblings-LPs der Besteller malt. Während er malt, hört er die LP (Einzelheiten und ein paar weitere Beispiele gibt es hier).  An so einer Aktion kann ich natürlich nicht vorbei. Mitzumachen setzt dann natürlich erst einmal voraus, dass man sich darüber klar wird, was eigentlich die eigene Lieblings-LP ist.

Nach längerem Überlegen war das bei mir "Miami" von Gun Club; eine Platte, die ich mir mehrmals kaufen musste, weil ich sie buchstäblich kaputt gespielt habe. Hier ist Eddies Interpretation des Covers:



Mit dem Bild bekommt man auch eine Kurzrezension der LP, die ich - mit freundlicher Erlaubnis - hier mitteilen will. Eddie meint, die Gun Club klängen wie eine verzweifelte Version der Replacements bzw. wie ein paar Motherfucker aus Kansas, aber trotzdem so melodisch.
Im Einzelnen:

I can't believe I've only just discovered The Gun Club. They "tickle my bones" - lo fi rock passionate, more than just a hint of Americana. They sound like a distraught Replacements, it's still intense rock and roll but they definitely don't sound a s if the are having as much fun as that band. I love that album make the Gun Club sound like a Kansas bunch of motherfuckers, whilst they also sound so tuneful. "Calling up thunder", for example, is so melodic. It's always good to hear John Hardy, too. I already love the Billy Childish  + Roy Harvey versions, now I can add this to the collection. I loved this album. I played it just enough to whet my appetite before I had to move on to the next painting. Once this project is over, I can't wait to go back & explore the Gun Club more. Thanks for introducing me to your favourite album. I'm fairly sure I've a few more listens to it becoming one of my favourites too. 

(Wenn ich es mir recht überlege, wäre She's like heroin to me eigentlich das ideale Lied, das Art Brut covern könnten.)

Freitag, 2. Juni 2017

Die Rückkehr des politischen Liedes

Die Musik soll ja in schlechten Zeiten besser sein, an ein paar Stellen habe ich hier ja schon musikalische Reaktionen auf Trump aufgeführt. Im UK führt gerade ein Lied die Download-Hitparade an, das unmittelbar die Parlamentswahlen dort adressiert.

Man könnte jetzt viel darüber schreiben, zu welchen Zeiten die subtilen politischen Lieder die besseren waren, und zu welchen die direkten. Das hier ist direkte politische Polemik, funktioniert aber sehr gut (ein Ohrwurm ist es außerdem).