"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Montag, 31. Dezember 2018

L.O.V.E.

Wie kann man besser das Jahr beginnen als mit einem positiven Song? Sonic Boom Six haben 2016 die sehr schöne und kluge CD "The F Bomb" herausgebracht, die L.O.V.E. enthält, ein Lied gegen den Hass, verpackt in eine Art herben Disco-Soul.



Das Lied ist ein tanzbares Kampflied für die kommenden Zeiten. Wen das Bild der verschleierten Sängerin Laila Khan auf dem Cover misstrauisch macht, der möge sich das ebenfalls fantastische "No man no right", das alle Fragen zu dem Selbstverständnis der Band beantwortet, anhören. Und wenn man schon dabei ist, dann auch noch "From the fire in the frying pan", immer noch eines der klügsten Lieder über Online-Radikalisierung.



(In den Youtube-Kommentaren kann man es nachlesen: Die Nazis fanden das Lied nicht gut.)
Warum die Band und die CD nicht erfolgreicher waren, ich weiß es wirklich nicht. Für mich aber immer eine gute Ressource, um Kraft und gute Laune zu sammeln.

Samstag, 29. Dezember 2018

Die Platten des Jahres

2018 war für mich musikalisch überraschendes Jahr. Ich habe wahrscheinlich schon über dreißig Jahre lang kaum Alben gekauft, die neu herausgekommen sind. 2018 hat mir allerdings sogar fünf Neuerscheinungen beschert, die meisten davon sogar von Leuten, die jünger sind als ich. Wie kommt es, dass ich inzwischen wieder kontemporäre Musik höre? Im Wesentlichen dadurch, dass ich viel auf Konzerten war und einige Bands gesehen habe (ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich ansonsten interessante Musik kennenlernen könnte).

Also meine persönliche Top 5 des Jahres 2018 (in no particular order):

Frank Turner - Be more kind

Ich sehe Frank Turner ja immer gerne live, mag aber seine frühen Platten lieber als die späten. Er bewegt sich ja musikalisch immer weiter in den Mainstream, channelt seinen inneren Springsteen und probiert auf Be more kind auch ein paar Ausflüge in den 80er Pop. Trotzdem mag ich die neue Platte sehr gerne. Be more kind ist ein schönes Motto für diese schlimmen Zeiten und Frank Turner hat ein paar schöne politischen Lieder untergebracht. Ein schönes Album.



Robert Rotifer - Unter uns

Robert Rotifer, der seit langer Zeit im UK lebt, hat ein deutschsprachiges Album mit fragiler Gitarrenmusik aufgenommen, das den Brexit behandelt. Die Lieder haben sich bei mir im Kopf festgehakt, sie sind auch außerhalb des UKs ein Soundtrack für eine Zeit, in der alles, was man für selbstverständlich und gegeben angesehen hat, zerbricht und zerbröckelt. "Ohne Not" ist ein Lied über das ich lang und viel nachgedacht habe.




Art Brut - Wham! Bang! Pow! Let's Rock out!

Art Brut, die 2005 mit Bang! Bang! Rock & Roll großen Erfolg im UK hatten, haben 2018 ihr erstes Album seit 2011 herausgebracht. Der Sänger Eddie Argos wohnt ja seit einiger Zeit in Pankow, die Band war mir aber schon aufgefallen, bevor ich das wusste. Ein Art Brut-Song war in gewisser Weise mein Ansporn, 2010 meine damalige Arbeit zu kündigen, allein dafür bin ich der Band dankbar.
Art Brut haben es mit der neuen LP geschafft, eine intelligente Britpop-Platte zu machen, die offenbar diejenigen anspricht, die nunmehr Mitte oder Ende Dreißig sind und sich noch einmal mitreißen lassen wollen. Und Art Brut schaffen das auch gut, ohne große Anwanzerei, ohne zu sehr in Nostalgie zu verfallen und ohne Altherrenmusik zu machen. Das ist schön.  Musikalisch hören sich Art Brut  abwechslungsreich wie nie an, es finden sich Punk, Britpop und Northern Soul. Und wo findet sich schon ein Lied mit dem Refrain "Kannst du bitte die Luft aus dem Glas lassen?"



 Nightingales - Perish the thought

Die Nightingales sind in dieser Auflistung die Ausnahme, weil zumindest der Sänger Robert Lloyd älter ist als ich. Vor Jahrzehnten hatte ich mal die erste LP gekauft, tatsächlich habe ich dann erst vor einiger Zeit festgestellt, dass es die Band noch gibt. Und ich muss sagen, dass ich sehr begeistert war. Die Nightingales verarbeiten für ihre Musik alle möglichen Einflüsse und Stile, trotzdem bleibt die Band immer klar erkennbar. Sie tun das mit großer Könnerschaft. Darüber ist Robert Lloyds Stimme, die von tiefsten Tiefen bis zu hohem spröden Vibrieren alles kann. Bei den neueren Aufnahmen oft im Duett mit der Schlagzeugerin Fliss Kitson. Das Ganze erinnert mich (weniger von der Musik, als vom grundsätzlichen Ansatz) an den Gun Club. Eine LP, die man wahrscheinlich ein paar Mal anhören muss, aber die einem dann nachhaltig im Gedächtnis bleibt.




Sean MacGowan - Son of the Smith


Der Jüngste der hier vertretenen Runde mit seinem Debutalbum. Viel jugendliche Energie, schöne Melodien, gute Texte.  Gerne gehört im letzten Jahr.





Sonntag, 23. Dezember 2018

Weihnachtsmusik

Ich sitze hier gerade und höre Johnny Cash "It was Jesus" (das muss man hören, um es zu glauben). Es gibt aber auch noch andere Weihnachtsmusik der etwas anderen Art (die Auswahl der letzten Jahre findet man hier versammelt).

Kurz vor Weihnachten, am 22.12. verstarb 1985 D. Boon, der Gitarrist und Sänger der Minutemen. Die Minutemen haben jetzt vielleicht nicht Weihnachtsmusik im engeren Sinne gemacht, in Gedenken an D. kann man aber thematisch passend das schöne Lied "Jesus and Tequila" hören.



Ein anderer Großer, der jetzt knapp 60 wäre, wenn er nicht 1996 gestorben wäre, hat auch ein Lied gemacht, das jetzt vielleicht nicht so unmittelbar weihnachtlich ist, in dem allerdings ein Weihnachtsbaum vorkommt (aus mir nicht mehr recht erinnerlichen Gründen fiel mir das gestern ein). Jeffrey Lee Pierce singt in "Sex beat" davon, dass er vor dem Weihnachtsbaum zu Boden geschmissen wird. Folgt darauf ein Kampf oder Geschlechtsverkehr? Nicht leicht herauszufinden, beim Gun Club war das immer auch irgendwie schwer zu unterscheiden. Aber "Sex beat" ist eines der Lieder, das man hört und danach ist nichts mehr, wie es vorher war.



(Und während ich hier nach den geeigneten YT-Videos sehe, stelle ich fest, dass die Band das Lied live tatsächlich einmal mit ein paar Tönen von Jingle Bells eingeleitet hat. Die verschiedenen Liveversionen von "Sex beat" durchzuhören ersetzt auch jede Droge.)

Bei der Weihnachtsmusik kommt man dieses Jahr natürlich nicht um Pankow's very own Eddie Argos vorbei, der mit Gurr (eine nette Berliner Band, die ich bislang noch nicht auf dem Schirm hatte) eine Weihnachtssingle aufgenommen hat. Das hat tatsächlich einen sehr netten B52s-Vibe:




(Allein Eddie Argos brüllen zu hören: "Silent night, holy night, everything is gonna be alright" ist es wert. Ein weiteres nettes Weihnachtslied von Gurr findet sich hier.)

Zum Abschluss - nachdem sich seine Verwandschaft unter den Leserinnen dieses Blogs findet - noch ein Weihnachtslied vom King, das tatsächlich viel besser ist als sein Titel vermuten lässt:




Frohes Fest!

Montag, 10. Dezember 2018

Hey Bulldog

Schon immer eines meiner Lieblings-Beatles-Lieder, das aber auf der Yellow Submarine LP versteckt war. Den Erzählungen nach wurde es auf der Grundlage einiger Liedideen schnell aufgenommen, als die Beatles noch ein paar Stunden Zeit im Studio hatten. Dieses Promovideo kannte ich bis vor kurzem noch gar nicht; wahrscheinlich eine der letzten Gelegenheiten, als John und Paul noch gemeinsam sangen. Als Kind hat mir an dem Lied immer am Besten gefallen, wie sich die zwei am Schluss gegenseitig anbellen. Später haben wir das Lied auch ab und zu live gespielt; den Refrain habe ich immer gerne gesungen.

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Krankenhaus

Neues von Art Brut, nach über sieben Jahren mal wieder ein neues Album. Ich bin ja vor etwa 10 Jahren eher zufällig auf die Band gestoßen. Als deutlich Älterer fand ich hier den Schwung und Do-it-yourself-Geist der Punkszene, die ich miterlebt hatte, gut weitergeführt. Eigentlich hatte ich ja schon gedacht, dass bei gitarrenlastiger Indiemusik nichts mehr kommt; Art Brut waren für mich auch der Anstoß, mich wieder mehr mit zeitgenössischem Krach zu beschäftigen.

Dem neuen Album "Wham! Bang! Pow! Let's rock out" merkt man an, dass Sänger Eddie Argos inzwischen in Berlin lebt, ein paar Berliner Themen haben den Weg in die Lieder gefunden. Bei dem folgenden Lied "Hospital" geht es auch um ein Berliner Krankenhaus (allerdings nicht um die Pankower "Maria Heimsuchung"). Ein schönes Lied, mit einem mindestens ebenso schönem Video.

Sonntag, 2. Dezember 2018

Track a' lackin'

Noch einmal ein Wort zu Xylaroo, den zwei Londoner Schwestern, die bei Frank Turner im Vorprogramm gespielt haben. Ich habe mir ihre 2016er CD Sweetooth jetzt häufig durchgehört, man findet schön arrangierten Folk, mit modernen Texten. Ich halte es ja für sehr gut, dass es auch neuen Folk gibt, der von jungen Frauen und nicht nur von nachdenklichen tätowierten jungen Männern mit Bart gespielt wird. Außerdem scheinen mir die Texte von Xylaroo frischer als bei vielen anderen Neofolk-Combos, die ja gerne ein bisschen im Klischee versinken. 

Das Konzert fand ich aber fast noch überzeugender als die CD, weil die Lieder dort eben etwas unmittelbarer und schroffer dargeboten wurden. Einen guten Einblick gibt hier diese Aufnahme vom Frühling dieses Jahres von Track a' lackin'. Ein schöner dunkler Ohrwurm.