F. hat mich zu dem Feine Sahne Fischfilet-Konzert mitgenommen. Ich habe über die Band bislang nur gelesen, Deutschpunk vertrage ich ja normalerweise nur, wenn er älter als 20 Jahre ist. Aber warum nicht, es ist ja immer gut, auch mal neue Dinge zu hören und nicht nur in Konzerte zu gehen, in denen man selbst zum jüngeren Publikum gehört.
Durch den eiskalten Abend gehen wir zur Columbiahalle, hunderte von Leuten stehen davor. Wir haben kurz Sorge, dass noch gar kein Einlass ist, stellen aber fest, dass der Eingang schon offen ist, allerdings ein Großteil der Konzertbesucher sich noch vor dem Konzert noch ein paar Flaschen Bier oder eine Flasche Schnaps einzukippen. Vorteil ist, dass wir noch einen relativ günstigen Platz in der ausverkauften Columbiahalle finden. Ich bin etwas feige und platziere mich hinter den Soundleuten. War aber die richtige Entscheidung.
Als Vorband Not on tour aus Tel Aviv, Punk mit Sängerin. Hat mir sehr gut gefallen, vertrackte Liedchen, bei denen man die Songstruktur erst versteht, wenn sie vorbei sind, trotzdem schön melodisch und mit gutem Drive. Live hat mich das teilweise an die von mir schwer vermissten Life but how to live it erinnert, auf CD hört es sich eher an wie eine Hochgeschwindigkeitsversion von All. Sehr schön, im Mai kommen die wieder nach Berlin, werde mal sehen, dass ich wieder dabei bin. Ich habe mir auch die CD gekauft, 18 Lieder in 26 Minuten, ganz wie früher.
Feine Sahne Fischfilet lassen sich mit drei Liedern ankündigen, California über Alles von den Dead Kennedys, Halbstark in der Fassung der Toten Hosen und ein deutsches Hiphop-Stück, das ich (natürlich) nicht kannte. Das erste Stück klingt dann auch nach Toten Hosen, der komplette Saal ist in Aufruhr, jede Zeile wird von Anfang an mitgesungen, Bierbecher fliegen quer durch den Raum, der Sänger öffnet unentwegt Bierflaschen, trinkt kurz an, und gießt den Rest über das Publikum oder schmeißt die (Plastik-)flasche gleich weiter. Einerseits freue ich mich, dass ich einen Platz weiter hinten gewählt habe, andererseits habe ich das Gefühl, alle Sünden meiner Jugend büßen zu müssen. Die Toten Hosen habe ich nie gesehen. Als es mich interessiert hätte, war ich noch zu jung, als ich zu den Konzerten gehen hätte können, hat's mich nicht mehr interessiert. Ich glaube, dass die Hosen insgesamt wichtig sind, bitte allerdings darum, mir so etwas nicht anhören zu müssen.
Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass in einem Lied von Not on tour mehr musikalisch passiert als in einer halben Stunde Feine Sahne Fischfilet, aber dann würde man wohl das Wesentliche übersehen. Für das Publikum ist die Band ein großes Identifikationsobjekt, jeder kennt jeden Text auswendig, ich habe Leute gesehen, die bei den langsameren Liedern Tränen in den Augen hatten. Bei alles Sauf- und Krawallromantik ist die Botschaft der Band, Respekt voreinander zu haben. Ich finde es gut, dass es für die nach Alkohol und Krach dürstende Jugend eine Alternative zu den ganzen Rechtsrock-Bands gibt. Und ich finde es prima, dass diese Alternative dann auch noch aus Mecklenburg-Vorpommern kommt. Und auch wenn ich mit der Musik nicht wirklich viel anfangen konnte, ist die Band schon sympathisch und aufrecht. Ein Lied durften sogar der Vater und der kleine Bruder des Sängers singen.
Das Konzert uferte immer mehr aus, Leute sprangen von den Tribünen, ritten auf Aufblastieren über die Menge, ein großes Pfeffifass mit Trinkschläuchen wurde rumgereicht. Am Schluss tauchte noch jemand auf der Bühne auf, den ich bislang noch nie live gesehen habe und das eigentlich auch nicht wollte: Campino sang ein Lied mit. Die Band spielte dann noch ein paar Zugaben, bis sie selbst und das Publikum kaputt gespielt war.
Ooooh, freu, ein Blogartikel!
AntwortenLöschenIch glaub, ich höre in die Musik der Band mal rein. Mir gefallen ja einige Sachen von den Toten Hosen ganz gut, ab und zu ist mir mal danach. :-)
LG vom Freumonster
Einen Tag vor Muttertag?
AntwortenLöschenDamm it, schöne Zusammenfassung. Hätte ich Satz für Satz genauso geschrieben und genauso eingeschätzt!
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