"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Sonntag, 26. Dezember 2021

Jag den Teufel

 Wie immer hat der musikalische Adventskalender Spaß gemacht, war auch ein gutes musikalisches Jahr.

Also machen wir noch ein bisschen Nachklapp. Dieses Jahr ist Lee Scratch Perry gestorben, der König des Dub-Reggaes. Ich habe die letzten Wochen damit verbracht, mir sein 76er Werk Super Ape anzuhören. Max Romeo hat, wie es im Dub so üblich ist, den Rhythmustrack des Lieds Croaking Lizard genommen und darauf sein Lied gesungen, wie er den Teufel von der Erde vertreibt. Ach, sollte er mal anfangen damit.

Freitag, 24. Dezember 2021

24. Takeaway am Weihnachtstag

 Ich war mir nicht ganz schlüssig, wie man den Kalender am besten beendet - am 24. darf es ja ein Weihnachtslied sein. Da purzelte mir dieses Lied in die Timeline von den geschätzten Helen McCookerybook und Robert Rotifer. 

Habt eine schöne Zeit und denkt auch an die, denen es gerade nicht so gut geht!


Mittwoch, 22. Dezember 2021

23. Der Geist der Fehler

 Mr Alec Bowman-Clarke hat mir mit seiner „I used to be sad and then I forgot“-CD das erste Lockdown-Jahr deutlich versüßt, für‘s zweite Jahr gibt‘s die „Place like home“-CD. The Ghost of Mistakes ist ein schönes Lied, die anderen lohnen auch definitiv ein Reinhören. Wenn man eine Josienne Clarke hat, die zweite Stimme singt, oder - wie hier - Klarinette spielt, kann das Ergebnis ja nur gut werden.


Dienstag, 21. Dezember 2021

22. Ich muss einen Garten anlegen

 Auch schon von Ende 2017, aber bei mir erst dieses Jahr angekommen. Warum hat mir niemand früher davon erzählt? Haley Heynderickx wird, wenn es irgendeine Gerechtigkeit gibt, in ein paar Jahren die angesagte Songwriterin sein, deren kluge und witzige Lieder man überall hört. Ihr könnt mir schon mal danken und einen Garten anlegen.


Montag, 20. Dezember 2021

21. Große lange Straße

 Eine Wiederentdeckung. Thåström begleitet mich ja schon Jahrzehnte musikalisch seit ich Anfang der Achtziger Ebba Grön kennen lernte. Vor ein paar Jahren habe ich ihn live in Berlin gesehen, ein schöner Abend, sein Spätwerk nahm mich aber nicht wirklich mit. Ein schwedischer Freund hat das Genre mal mit Scandinavian Melancholy bezeichnet. Vor ein paar Wochen gab es eine neue Platte, die ich auch eher aus Zufall mitbekommen habe. Und was soll ich sagen, Stora långa gatan, schlug bei mir ein, auch wenn es ein typisch schwedisch melancholisches Lied ist, Erinnerung an ein Gespräch vor langer Zeit. Der Refrain ist reichlich merkwürdig, „die Feuerwehr kam und die Krankenwagensirenen heulten, Sandra sang Maria Magdalena, es passt immer so perfekt hier“ . Das Lied kommt mir vor wie der Soundtrack zu Glumms sehr lesenswertem Roman „Geplant war Ewigkeit“. 




Sonntag, 19. Dezember 2021

20. Vogel

Dieses Lied ist noch von 2020, nehmen wir es trotzdem mit. Barbara Wangui singt es, das Lied ist auf englisch, der Titel aber (wenn das Internet recht hat) Kikuyu. Zarter Folk, der sich nach mehrfachen Hören entfaltet.


Als Zugabe noch ein Lied aus Kenia, auch von 2020, von dem Künstler mit dem google-ungeeignetsten Namen, Billy Black. Ebenfalls Folk, habe ich oft gehört.

Samstag, 18. Dezember 2021

19. Verletzung

 Der zweite Abstecher in die TOP 10; Arlo Parks Debut-Album war in Deutschland in den Charts, wahrscheinlich hat man das Lied auch im Radio hören können. Ein Lied, das beruhigt und das ich auch häufig gehört habe.

Freitag, 17. Dezember 2021

18. Live aus Emmets Wohnzimmer

 JJ hat mich letztes Jahr auf diese regelmäßig gestreamten Wohnzimmerkonzerte auf Youtube hingewiesen. Veranstaltet werden sie (inzwischen schon fast 80 Mal) von dem New Yorker Pianisten Emmet Cohen, der neben seiner Stammband ganz verschiedene Gäste dabei hat. Erst nach und nach wurde mir klar, dass sich hier wirklich einige der besten Jazzer zu Sessions treffen, in einem wirklich sehr informellen Rahmen. Wer Jazz der Vierziger bis Sechziger Jahre gerne hört, wird hier sicher seinen Spaß haben. Ich habe virtuell ziemlich viel Zeit in Emmets Wohnzimmer verbracht. 

Ein paar Kostproben:









Donnerstag, 16. Dezember 2021

17. Doona

Die Amazones d'Afrique sind eine nordafrikanische Supergroup aus Mali (mit Musikerinnen aus Mali, Benin, Gabun, Nigeria, der Elfenbeinküste...), in der sich verschiedene bekannte Sängerinnen zusammen finden. Entdeckt habe ich das Lied erst 2021, es ist aber schon deutlich älter, von 2017. Ich höre es sehr gerne, weil es neben dem afrikanischen Gesang sehr nach 70er-Jahre-Rock klingt (der Original-Rock aus dem Afrika der 70er ist auch immer spannend zu hören, da gibt es unglaubliche Sachen). Sehr entspannt. 

Gesungen wird das Stück von  Mamani Keita, die Sprache ist wohl Bambara. Ich habe keine Ahnung, was Doona bedeutet. 

Mittwoch, 15. Dezember 2021

16. Verdammt seien die Verantwortlichen

 

Ein traditionelles griechisches Lied, in der beklagt wird, dass zwei Liebende nicht zueinander finden. Es findet sich die Zeile: "Ich verwandele mich in einen Spatzen und fliege zu deinem Hof." Das muss ich natürlich gut finden. Und das Thema passt natürlich auch gut in die Pandemie-Zeiten. 

Anastasia Fergadioti, die mit ihren Schwestern Iliana und Lydia regelmäßig griechische Musik auf Youtube veröffentlicht, habe ich in diesem Jahr sehr gerne und auch recht viel gehört. Es lohnt sich, sich da etwas umzuhören. 

Dienstag, 14. Dezember 2021

15. Rebekka will ihr Rad zurück

 Ach, die Liga der gewöhnlichen Gentlemen. Wie fast jedes Jahr eine schöne neue LP mit kauzigen, schönen Liedern, die man erst so richtig verstehen kann, wenn man sie einmal live gehört hat. Dieses Jahr haben sie sich wieder für Konzerte angekündigt - ob die stattfinden werden, ist noch unklar. 

"Rebekka will ihr Rad zurück" ist aus dem Leben gegriffen, und erhellt auch den größten Griesgram (also mich). Gut, dass es die LdgG gibt. 

Montag, 13. Dezember 2021

14. Richmond Bay

 Eine Platte, auf die ich lange gewartet habe. Kieran Thorpe habe ich 2019 in Berlin gesehen und seitdem darauf gewartet, dass es Aufnahmen von seinen Liedern gibt. Er hat schon im letzten Jahr zahlreiche Videos in südfranzösischer Kulisse aufgenommen, im Sommer gab es nun seine LP "A room with a view".  Sehr schön arrangierte einfache Folksongs, mir kommt an verschiedenen Stellen Nikki Sudden in den Sinn. Von der LP gibt es leider nur Richmond Bay auf Youtube verfügbar, ein schönes Lied, das aber die Vielseitigkeit der Platte nur eingeschränkt zeigt. 


Ich hatte mir mit der Platte auch die 2016er CD einer früheren Band von Thorpe, the Bottlenecks gekauft. Das ist eine ganz andere Geschichte, funky Folkrock, eine Art groovende Crazy Horse. Wusste nicht, dass das etwas ist, was ich brauche, aber ich habe es wirklich häufig, häufig gehört. (Hier ein Link zu Bandcamp, wo man sich die Musik anhören kann.)

Sonntag, 12. Dezember 2021

13. Kerzen für die Toten

Will Varley, der mir ja inzwischen manchmal etwas zu sehr dylanesk wird, hat eine schöne LP veröffentlicht mit ruhigem Politfolk. Dieses Lied mag ich gern, das Totengedenken passt ja leider gut zu diesem Jahr. Als ich die Lieder vorsortiert habe, habe ich das Lied instinktiv für den 13. vorgesehen, den Lucia-Tag. Muss ja sein, wenn es um Kerzen geht. Über die ersten Zeilen kann man gut grübeln: They are lighting candles for the dead [...] I light a candle for the flame.


Samstag, 11. Dezember 2021

12. Des Herumtreibers Frau

 Julii Sharp habe ich ja 2019 einmal live gesehen und war nachhaltig beeindruckt. So richtig gibt es von ihr noch keine Veröffentlichung, sie hat 2020 ein kurzes Studiokonzert auf Youtube veröffentlicht und man kann sie auf der neuen Platte von Kieran Thorpe hören (dazu in ein paar Tagen mehr). 2021 gab es zwei neue Lieder, the drifter‘s wife, eine JJ Cale-Coverversion höre ich sehr gerne.


Freitag, 10. Dezember 2021

11. Fast Food

Ruth Lyon kannte ich bislang nur als Sängerin und Violonistin von Holy Moly and the Cracker, und habe bei den Live-Konzerten feststellen können, wie gut man mit diesem Power-Pop abräumen kann. Im November hat sie solo eine schöne Mini-LP Nothing‘s perfect herausgebracht. 

Tolle Musik, macht gute Laune.


Donnerstag, 9. Dezember 2021

10. Zwetschgenkompott

Keine Liste der Lieder des Jahres ohne Österreicher. Das folgende Lied geht, soweit ich es sehen kann, allen Leuten außer mir auf den Geist. Ich finde es wunderschön. Magdalene Spinka hat wohl eine klassische Musikausbildung und ist ansonsten eher in Avantgardekreisen unterwegs, mit Powidl hat sie eine eher konventionelle, schöne und rätselhafte, geraschelte und geflüsterte Musikerzählung vorgelegt. Wer genau hinhört, findet vielleicht die Akkorde von Like a hurricane in dem Lied. Wie kann man ein Lied, dessen erste Zeile: "Beschenk mich mit Gemüse und Aufmerksamkeit" heißt, nicht lieben? (Vom Refrain "Heilige Scheiße, ich werd' schon wieder verliebt" ganz zu schweigen.)




Mittwoch, 8. Dezember 2021

9. Ein Lied für Bridget Cleary

Bridget Cleary war eine irische Frau, die vor über 100 Jahren von ihrem Mann umgebracht wurde, weil er dachte, sie sei von Feen, bösen Geistern auf den falschen Weg gebracht worden sei. 

Edel Meade singt ihr Lied, eindringlich wie der Gesang einer Nachtigall.  Für mich auf jeden Fall ein Lied des Jahres.


Dienstag, 7. Dezember 2021

8. Man kann es nicht Freiheit nennen.

Was ist mit Punkrock 2021? Ich weiß es nicht. Ich habe ziemlich wenig mitbekommen, was läuft, was aber auch damit zu tun hat, dass ich auf fast keine Konzerten war. Punkrock ist inzwischen aber auch eher Zeitvertreib gesetzterer Herrschaften, mir oft zu retro- oder schablonenhaft. 

Ich möchte aber die fantastischen Not on tour von 2020 hier aufnehmen. Man kann es nicht Freiheit nennen, wenn es auf Rassismus beruht. In Zeiten, in denen wir alle gute Gründe finden, warum Leute an den EU-Außengrenzen erfrieren oder ertrinken müssen, notwendiger Stoff. 1:40 Minuten, die man sich immer und immer wieder anhören kann.


Montag, 6. Dezember 2021

7. Die Wahrheit über Dienstag

 Ein alter Mann, der in diesem Jahr wieder aufgetaucht ist, und über den ich mich sehr gefreut habe, ist Scott Reynolds, der vor Jahrzehnten mal bei All Hochgeschwindigkeits-Hardcore gemacht hat, zu denen er mit einer Stimme, die für Bossa-Nova-Schnulzen passen würde, sang. Und im Herzen war er  wohl immer schon ein Crooner, der sich mehr für schräge Jazz-Akkorde und schräge Späße interessiert hat. 

Ich habe Scott vor Jahrzehnten einmal in der Theaterfabrik in Unterföhring Ohrstöpsel geliehen, my claim to fame. Scott hat über die Jahre mit verschiedenen Bands fantastische Lieder aufgenommen. Leider haben das nicht alle gemerkt.

In diesem Jahr kam die Chihuahua in Buffalo-LP heraus, die nicht viel Neues bringt, aber viele bekannte Songs im Arrangement für akustische Gitarre und Gesang. Ich habe das Gefühl, dass Scott jetzt dort angekommen ist, wo er eigentlich sein wollte. Eine wunderschöne einfache Platte von einem leider noch immer unterschätzten Songwriter. Hört sie euch an.

Sonntag, 5. Dezember 2021

6. Nicht die ideale Frau

 Celeste hat 2021 auch ihre Debut-LP rausgebracht. Schöner Soul, sehr abwechslungsreich, sie nennt als Einflüsse Billie Holiday und Sun Ra, was sollte da schief gehen? Ich bin froh, dass ich da eher zufällig darüber gestolpert bin, ich krieg ja auch nicht mehr so viel mit. Die LP war in Deutschland (zu recht) in den Top 10, man darf von der jungen Frau noch einiges erwarten.


Samstag, 4. Dezember 2021

5. Auf der Seite der Verlierer

Grace Petrie war für mich eine Entdeckung der letzten Jahre. Kluger, witziger Folk, mit klarer politischen Linie. So wie es Michelle Shocked einmal war, bevor sie abdriftete. Die 2021er LP Connectivity hat bei mir ein bisschen gebraucht, zu sehr mag ich die Vorgängerin Queer as Folk. Aber auch die neue LP ist voller guter Lieder, die einen die schweren Zeiten besser überstehen lassen. 

Es ist wunderbar, die selbstverständlich queeren Liebeslieder auf der Platte zu hören, mein Favorit ist aber derzeit das letzte Lied The losing side. Ein Lied darüber, dass man für die Dinge einstehen muss, die einem wichtig sind, auch wenn es im Moment politisch nicht allzu gut aussieht.


Freitag, 3. Dezember 2021

4. Göttingen

 Ausnahmsweise kein Lied von 2021, sondern eines das schon viel älter ist, das ich aber erst 2021 bewusst wahrgenommen habe (Frau Ackerbau hat es von einem Frankreichbesuch mitgebracht). Da heute Barbara-Tag ist, passt es ja auch, ein Lied der französischen Sängerin Barbara zu hören.

Barbara musste während der deutschen Besatzung vor den Nazis fliehen und hatte deswegen in den Sechziger Jahren wenig Neigung, in Deutschland aufzutreten. Sie ließ sich 1964 zu einem Auftritt in Göttingen überreden, stellte aber die Bedingung, dass ein Flügel zur Verfügung stehe. Als sie kam: Kein Flügel. Sie wollte nicht auftreten, der Theaterdirektor organisierte noch einen Flügel, den zehn Studenten zum Veranstaltungsort trugen. Das Konzert begann mit erheblicher Verspätung, Βarbara schrieb dann das Lied.

In Zeiten, wo kleinlicher Nationalismus wieder in Mode ist, tut es gut, sich wieder daran zu erinnern. 

Donnerstag, 2. Dezember 2021

3. Verflucht sei die Amsterdam

Skinny Lister sind ja eine im Hause Ackerbau gern gehörte Liveband. Stilistisch schlängeln sie sich inzwischen zwischen Folkpunk und Ska durch. Die 2021er LP A Matter of Life and Love erinnert manchmal an die frühen Madness, mit Damn the Amsterdam haben sie aber auch wieder ein klassisches Shanty-Punk-Lied dabei. Seemann-Mitgröhl-Stoff vom Feinsten. Manchmal muss man halt auch mal ein bisschen rumgröhlen. 

Nächstes Jahr im Juni will ich mir das wieder anhören, drückt mal die Daumen.

Mittwoch, 1. Dezember 2021

2. Arthur ist auf einer Trauerfeier

 Auf einer Playlist, die ich im letzten Jahr gehört habe, war ein Lied von St. Lenox, Bethesda, das mir beim ersten Hören eigentlich eher auf den Geist ging. Keyboardgetragener, eher simpler Indiesoul, nicht unbedingt meine erste Musikwahl. Die Tage darauf stellte ich dann aber fest, dass mir immer wieder kleine Fetzen des Songs durch den Kopf gingen, und ich das Lied (mit einiger Mühe, da ich mir weder Band noch Titel richtig gemerkt hatte) wieder suchte und dann immer und immer wieder hörte. Die ganze LP gehört jetzt zu meinen Favoriten des Jahres. Andrew Choi, der Sänger, hat schon verschiedene LPs aufgenommen, die jeweils zehn Lieder zu verschienen Themen zusammenfassen. Die Lieder erzählen recht persönliche Geschichten. 2021 geht es um Religion, aus der Sicht eines Agnostikers. Aber eigentlich ist es eine LP der Geschichten, die zur Musik erzählt werden. 

Arthus is at a shiva erzählt von dem Umgang mit dem Tod; in dem Video sieht man allerdings Choi Brot backen und dazu wieder eine ganz andere Geschichte erzählen. Ich muss zugeben, dass mich das Video und die Geschichte des Lieds ziemlich gefesselt haben. Irgendwie fasst dieses Video und die Geschichte von Arthur, der zu spät zum Kneipenabend kommt, weil er auf einer jüdischen Trauerfeier war, für mich das Jahr 2021 gut zusammen.