"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn
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Samstag, 25. Mai 2024

Lose Kanonen, gleiche Dämonen

 Ich hatte ja das Glück, schon seit ein paar Monaten die Demos zu Josienne Clarkes neuem Album hören zu können. Ein Lied habe ich besonders gern gehört, FireCracker, das schon fast untypisch fröhlich für Clarke ist. Ein Liebeslied eines chaotischen Paars: You are a loose canon baby and I‘m a firecracker, what a beautiful mess we make. 

Es ist ganz interessant, ein Lied ihres Ehemannes Alec Bowman_Clarke dazu zu hören, My kind of chaos: She‘s the same kind of demon as I am, her claws sharp as a stone.


Ob Feuerwerk oder Dämonen, zwei sehr schöne Liebeslieder.

Samstag, 16. März 2024

Wie kommt das Pferd nach Hause?

 Wieder an der Zeit, ein bisschen neue Musik zu notieren. (Die Titelfrage wird am Schluss beantwortet, versprochen.)

Grace Petrie hat ein neues Album, Build Something Better. Schöner politischer Folk, voll kluger Gedanken. Produziert hat Frank Turner, was meines Erachtens dazu geführt hat, dass die Lieder manchmal zu gefällig sind. Aber bei King and Country, einem Lied über die Fassungslosigkeit, mit der man derzeit die Nachrichten anhören muss, hat es mich auch wieder erwischt.

Petrie hat kein Plattenlabel im Rücken, die Zeit ist nicht gut für unabhängige Künstler. In Deutschland sind die CDs deswegen nur schwer zu bekommen, Downloads bei Bandcamp funktionieren natürlich, Petries Webshop liefert auch prompt, da kommt halt immer noch der deutsche Zoll dazu. 


Josienne Clarke veröffentlicht Ostern eine neue CD, die Demos zirkulieren schon eine Zeit und werden gerne und viel bei uns gehört. Offiziell gibt es als erstes Lied das schöne Most of all. Sobald auch das Clarke-untypisch heitere Firecracker frei verfügbar ist, werde ich das sofort hier vermelden.


Es gibt das seltene Phänomen, dass sich Punkbands zu Jazzbands entwickeln. Ein Beispiel ist die Entwicklung von Saccharine Trust zu Universal Congress Of, ein neueres sind die Messthetics, eine Band, bei der die frühere Fugazi-Rhythmussection mitspielt, und die bei Impulse gelandet ist. Meine Erwartungen waren eher gedämpft, aber That Thang ist schon eine prächtige Nummer.


Nicht mehr ganz neu ist das letzte Lied von Haley Heynderickx und Max García Conover. Veröffentlicht wurde es aber erst letztes Jahr auf der Fünfjahre-Jubiläumsedition der EP „ Among Horses III“. Ich habe ja eine große Schwäche für Heynderickx, das Lied ist auch zu entzückend.

Montag, 12. Februar 2024

Josienne Clarke in Den Haag

Meine Liebe zu Josienne Clarke ist ja hier im Blog kein wirkliches Geheimnis. Als sie letztes Jahr ihre Tourdaten bekannt gab, stellte ich zunächst einmal fest, dass keine Konzerte in der Nähe geplant sind, fand aber einen Termin in Den Haag. Den Haag mögen Frau Ackerbau und ich gerne, also wurde mit Bahn-Supersparpreis ein langes Wochenende geplant. Am schwierigsten war es noch, sich ein Ticket fürs Konzert zu sichern, ging nicht mit ausländischen Zahlungskarten. Nach ein paar E-Mails hatten wir aber vereinbart, dass die Tickets an der Abendkasse hinterlegt werden.

Nach sieben Stunden Bahnfahrt spazierten wir ein bisschen durch Den Haag, der Auftrittsort war nur einen knappen Kilometer vom Hotel entfernt. Es handelte sich um ein kleines Theater mit etwa 100 Sitzplätzen, wahrscheinlich von einem Förderverein betrieben. An der Kasse sage ich meinen Namen, man findet mich aber nicht auf der Liste. Der Mann an der Abendkasse fragt mich, warum ich das Ticket noch nicht bezahlt hätte. Ich sage, dass das vom Ausland nicht ginge, da geht ein Strahlen über sein Gesicht: „Ah, you‘re Andreas!“ Wir dürfen rein.

Wir trinken einen Tee im Foyer, bis der Saal geöffnet wird, Alec Bowman_Clarke, der Mann von Josienne Clarke geht zur Theke, ich spreche ihn kurz an, sage ihm, dass ich auch seine CD toll finde und dass wir uns aufs Konzert freuen. Er ist, wie alle an dem Abend, freundlich und gut gelaunt.

Der Theatersaal wird geöffnet, es gibt acht Reihen mit je zwölf Stühlen, es bleiben nur ein oder zwei leer. Clarke kommt, nimmt ihre Gitarre. Die Akustik ist wirklich phantastisch. Clarke spielt einfache Versionen ihrer auf Platte sehr sorgfältig arrangierten Lieder. Das Publikum besteht praktisch ausschließlich aus Folk-Enthusiast:innen, wie wenig ich mich in dieser Szene auskenne, merke ich, als Clarke ein Coverlied ankündigt, ohne den Namen zu nennen, weil man es ja eh gleich erkennen würde. Begeistertes Raunen nach den ersten Zeilen - ein Teil des Publikums singt mit, ich habe bis jetzt keine Ahnung, was das für ein Lied war. 

Ansonsten kenne ich die Lieder, oder wie Frau Ackerbau meinte: Jetzt sehe ich mal die Frau, die immer bei uns im Wohnzimmer singt. Aber live hört man vieles anders und besser, einige Lieder habe ich auch erst beim Konzert richtig verstanden. Und: diese Stimme.


(Walls and hallways.)

Clarke erzählt vor jedem Lied ein bisschen etwas, kokettiert mit ihrer Neigung zu traurigen Liedern, erzählt von den Höhen und Tiefen ihrer Karriere, lange Zeit Teil eines gefeierten Folkduos, dann vom Label fallen gelassen, und nunmehr nur in Eigenregie unterwegs. Das führt leider auch dazu, dass ihre Platten in Deutschland nur sehr schwer zu bekommen sind, der Brexit tut sein übriges. Was mir an Clarke so gefällt, ist natürlich auch dieser Independent-Ansatz. Ihre Lieder sind nie beliebig, enthalten keine Ornamente, sagen, was gesagt werden muss. (Und dauern dann halt manchmal nur knappe zwei Minuten.)

Der Auftrittsort ist wirklich ein Glücksfall, dieser sehr intime Rahmen mit einem hoch konzentriertem Publikum. Auch deswegen hat sich die Reise gelohnt.

(A letter on a page)

Nach zweimal fünfundvierzig Minuten werden wir nach Hause geschickt. Anders als bei den Konzerten, bei denen ich sonst bin, klingeln mir nicht die Ohren, sondern die Melodien klingen im Kopf nach wie ferne Vogelstimmen.

In Den Haag finden übrigens regelmäßig Konzerte in dieser Reihe statt. Durchaus zu empfehlen. 

Freitag, 8. Dezember 2023

9. Du Schatten

 Was wäre der Adventskalender ohne Josienne Clarke? Ihre Musik hat mir zu Pandemiezeiten geholfen, einigermaßen bei Verstand zu bleiben und mir auch ein Universum an Folkmusik und -künstlern erschlossen, die ich vorher nicht kannte. Dieses Lied ist ein Sharon van Etten-Cover, das im letzten Jahr ausgiebig gehört wurde.  (Wer eher ein Indielied zum Gattenmord von ihr sehen will, dem sei dieses Video empfohlen.)


Wenn alles klappt, setzen wir uns im Februar in den Zug nach Den Haag, um Clarke auch mal live zu sehen. Freu mich schon drauf. 

Dienstag, 6. Dezember 2022

7. Arbeitspferd

 Kein musikalischer Adventskalender ohne Josienne Clarke. Ende 2019 bin ich über ein Lied von ihr gestolpert, das auf Twitter sowohl Will Varley als auch Robert Rotifer empfohlen hatten - Grund genug, einmal genauer hinzuhören. Clarke kommt aus der Folkszene, war dort in einem Duo sehr erfolgreich, wenn auch nicht glücklich, und zieht jetzt seit ein paar Jahren ihr eigenes Ding durch. Genremäßig hat das nicht viel mit dem zu tun, was ich ansonsten so höre, aber Genres haben mich eh nie sonderlich interessiert, sondern mehr die Einstellung der Musiker*innen. Und Clarke weiß, was sie will, und setzt das  dann phantastisch um. Diese musikalische Bekanntschaft hat mir schon so einige neue Dinge erschlossen, auf die ich nur ungern verzichten würde.

Aus diesem Jahr ein eher poppiges Lied, mit allerdings bemerkenswert deutlichen Ansagen. Und dabei kann man Clarke beim Rollerskaten zusehen.


Dienstag, 30. November 2021

1. Ein Brief auf einer Seite

Willkommen zum diesjährigen Musik-Adventskalender! Wieder soll es jeden Tag ein Lied geben, das ich im letzten Jahr gerne gehört habe; diesmal auch weitgehend Stücke, die 2021 veröffentlicht wurden. Die Musik, die ich gehört habe, war ziemlich folklastig, aber wer hier mitliest, weiß ja auch, dass mir Genres relativ wurscht sind. 

Letztes Jahr hatte ich mit Josienne Clarke begonnen, das will ich dieses Jahr wieder tun. Josienne Clarke hat mir in den letzten Jahren einiges an Musik nähergebracht, was ich ansonsten nicht gehört hätte. Einiges was in den nächsten Tagen kommt, war auf Playlists, die sie geteilt hat. Clarke ist eine wirklich fantastische Sängerin und als Produzentin eine Soundtüftlerin, die mit unglaublicher Sorgfalt für jedes Lied den richtigen Klang sucht.  

Das heutige Lied ist A letter on a page, ein eher typisches, sehr schönes Folklied.

 

 

Die LP A small invisible thing ist aber stilistisch viel weiter, mir gefällt vor allem die Haltung von Clarke (ihr eigenes Label heißt nicht zufällig Cordory Punk, Cord-Punk). Es lohnt sich auf jeden Fall, sich da weiter reinzuhören, Deep Cut ist zum Beispiel der schönste Diss eines früheren Bandkollegen seit Black Flags "You bet we've got something personal against you". 

Die ganze Platte ist fantastisch. Hört sie euch an.


Freitag, 1. Oktober 2021

Amazonen, Super Affen und Sammler

Als ich im Internet nur so vor mich hin ging und nichts zu suchen, das war mein Sinn, stieß ich auf Les Amazones d'Afrique, eine Art westafrikanische Supergroup, die 2014 in Mali gegründet wurde. Der Bandname ist Programm, die Sängerinnen sind politisch engagiert. Das Lied Doona (leider weiß ich weder, was das bedeutet, noch welche Sprache das ist) gefällt mir sehr gut, es ist eine sehr eigene Mischung, wie als hätte man 70er Acid-Rock mit afrikanischen Gesängen gemischt. Barack Obama hat das Lied wohl schon vor Jahren  mal auf einer seiner Playlists empfohlen, aber ich krieg ja nix mit. Kann man sich schön anhören.  


Als Musik-Nerd in den 70ern und 80ern kam es häufig vor, dass man über bestimmte Bands und Musikerinnen schon viel gelesen hatte, ohne jemals ein Lied gehört zu haben. Im Radio kam weitgehend nur Schrott, die Plattenläden waren nicht sonderlich gut sortiert; man hatte noch Glück, wenn man Freunde mit gutem Musikgeschmack hatte. So kannte ich Lee Scratch Perry schon sehr früh, aber hatte eigentlich nie Gelegenheit, Musik von ihm zu hören. Ich vermute auch mal, dass ich mir relativ schwer getan hätte, bei uns irgendwo Dub-Reggae aufzutreiben. Perry war sowohl ein wesentlicher Einfluss für den Reggae eines Bob Marley, aber auch für die reggaebegeisterte erste Punk-Generation. Perry ist vor einigen Tagen verstorben, das war für mich dann der Anlass, endlich einmal seine Musik anzuhören. Heutzutage ist ja fast alles nur ein paar Klicks entfernt. Ich bin dann bei der 1976er LP Super Ape hängen geblieben. Sehr schön, sehr entspannt. Hätte ich auch schon früher mal austesten können. 

Schließlich noch einmal die verehrte Josienne Clarke, deren neues Album Small unknowable thing ich gerade sehr gerne und häufig höre. Dazu wollte ich eigentlich noch einmal ausführlicher schreiben, da ich derzeit aber zu nix komme, hier vorab eines der bemerkenswerten Lieder der Platte, The Collector. 




Dienstag, 8. Juni 2021

Was Altes, was Neues, was Wiedergefundenes

 Auf welche Musik bin ich in den letzten Wochen so gestoßen.

Auf Twitter gab es einen Hinweis auf Sir Victor Uwaifo, von dem ich noch nie gehört hatte. Ein nigerianischer Musiker, der wohl seit den 60ern sehr erfolgreich ist. Die Musik wurde als der richtige Soundtrack für heiße Tage beschrieben, und sie ist tatsächlich sehr entspannt. 

Ein Weiteres afrikanisches Stück, allerdings recht aktuell ist von Barbara Wangui. Ich mag ja den akustischen Soul von Billy Black, der wie Barbara Wangui aus Kenia kommt. Wangui ist noch ein bisschen ruhiger, gefällt mir aber auch sehr gut. 


Ganz neu und gar nicht ruhig ist das neue Stück der verehrten Josienne Clarke. Genremäßig ist sie ja eher Chamäleon, auch wenn ihre Wurzeln im Folk liegen. Hier hat sie ihren Frust über das Musikbiz in ein Powerrock-Stück gegossen, und sie macht das sehr gut. Ich freue mich schon auf das Album, das im August kommt. 

Schließlich ein Stück, das mir seit Jahrzehnten im Kopf rumgeht, das ich aber nicht mehr finden konnte. Irgendein Rembetika mit Sängerin, der Refrain bestand aus der Wiederholung eines Worts. Ich habe mich durch meine verschiedenen CDs gehört, nirgends ein Treffer. Dabei hatte ich die Melodie deutlich im Kopf. Vor ein paar Tage empfiehlt mir der Spotify-Algorithmus ein Lied: und siehe da, das war es. Palamakia von Marika Ninou. Mir wurde dann auch klar, warum ich das Lied nirgendwo gefunden hatte. Das ist Nachkriegs-Rembetika, den ich eher nicht auf CD habe. 1996 hat mir aber ein griechischer Studienkollege eine Cassette aufgenommen, auf der das Lied auch drauf war. 

Schönes Lied.




Mittwoch, 9. Dezember 2020

10. Lange Abschiede

Das hatten wir natürlich im Blog schon einmal, aber ich komme daran auch für den Adventskalender nicht vorbei. Zum einen ist die LP von Mr. Alec Bowman "I used to be sad and then I forgot" eine der meistgehörtesten 2020 in unserem Haushalt, zum anderen ist das ein so typisches 2020er Video - Lockdown-Aufnahmen neben den Müllcontainern. An anderer Stelle habe ich schon geschrieben, wie fantastisch ich es finde, wie Josienne Clarke im Hintergrund zuhört, ihren Ring dreht und leise dann den Refrain mitsingt. Groß.  


Montag, 30. November 2020

1. Das Ziehen der Grenze

Vorbemerkung:

Die letzten Monate habe ich überlegt, hier ein bisschen etwas von der Musik einzustellen, die mich über dieses Jahr gebracht hat. Meine Kapazitäten sind aber meist schon davon überlastet, dass ich den Erstblog einigermaßen bestücke.  Aber: Warum nicht einen musikalischen Adventskalender? Das zwingt einen zumindest dazu, regelmäßig zu posten. Im Nachhinein machen die Posts ja immer auch Spaß, z.B. wenn man in Twitter-Diskussionen darauf hinweisen kann, dass man schon vor Jahren die Abhandlung über den Waschbär in der Populärmusik geschrieben hat. Aber wer soll's lesen?

Hüsker Dü haben das Problem schon zu Zeiten erkannt, als es noch keine Blogs gab. Auf dem Textblatt der "Warehous Songs and Stories" stand "And everybody in the whole world has their own song in their heads. The best songs ever. Problem is figuring a way to get them out and present them to others." (Etwas später: "Revolution starts at home. Preferably in the bathroom mirror.") 

Also, los geht es. Jeden Tag ein Lied, das mir dieses Jahr erträglich gemacht hat. Alte Bekannte, Neuentdeckungen und (wer hier mitliest, die wird's nicht überraschen) meistens nix, was man schon kennt. 

Josienne Clarke habe ich vor ziemlich genau einem Jahr das erste Mal gehört, weil auf Twitter sowohl Will Varley als auch Robert Rotifer auf Twitter ihre LP "(Learning to sail) In all weather" empfohlen haben. Josienne Clarke war in der britischen Folkszene schon gut etabliert als Mitglied eines Folkduos, das sie aber verlassen hat.  Wahrscheinlich habe ich im letzten Jahr niemanden häufiger gehört als Josienne Clarke. Die "In all weather"-LP ist eine gut arrangierte, vielseitige, wunderschön gesungene Platte. In den Gitarrenskizzen zu den Liedern merkt man aber, wie viel Energie und Verwundetheit darin steckt, obwohl die Texte kühle Präzision sind. 

 

Ich kann nur empfehlen, sich einmal in die Lieder hineinzuhören. Auf Bandcamp gibt es die verschiedenen Demos und Gitarrenversionen zur LP als "Historic Record Vol. 3&4".

Der neunte Titel, Sea, hat mich durch die letzten Monate begleitet. (Wir alle brauchen etwas, um uns daran festzuhalten. Wir sind auf See.) 




Montag, 4. Mai 2020

Nicht das Ende der Welt

Ende des letzten Jahres bin ich eher durch Zufall bei Twitter über Josienne Clarke gestolpert, die seitdem zu den am häufigsten gehörten Musikerinnen im Haushalt gehört. Josienne Clarke hat nun ein Album von Mr. Alec Bowman, "I used to be sad and then I forget" produziert, das es seit letztem Freitag gibt. Ich habe es mir seitdem schon über fünf mal angehört, man könnte also sagen, dass es mir gut gefällt.

Vor dreißig Jahren saßen wir in der WG-Küche, tranken Rotwein (Le filou rouge) und hörten Leonard Cohen und fühlten uns dann genial oder traurig oder einfach nur betrunken. Ich habe jetzt kein Interesse, meine Zwanziger wieder nachzustellen und auch kein Interesse an Musikern, die die Sechziger nachstellen. Mr Alec Bowman erinnert mich allerdings ein bisschen an Leonard Cohen, er macht auch ruhige Musik, mit bitter-traurigen Texten. Aber da ist nichts nostalgisch und da ist auch nichts rückwärtsgewandt, das ist Musik, die man 2020 gut anhören kann und zu der man, so man denn will, auch Rotwein trinken kann (inzwischen kann ich mir auch etwas besseres als Le filou rouge leisten). Was mich an der Musik fasziniert, ist, dass sich hinter den zunächst so einfachen Liedern so viel mehr versteckt, wunderbare Arrangement-Ideen, kleine Soundschnipsel. Man kann die Musik gut hören, wenn man früher Leonard Cohen mochte, man kann sie auch gut hören, wenn man Nikki Sudden mochte, wahrscheinlich auch, wenn man Nick Cave mochte (hier bin ich nicht qualifiziert, eine Meinung zu haben).

Eine Liveversion des schönen Lieds Long Goodbyes (das auf der LP noch schöner arrangiert ist), kann man hier sehen: Ein Quarantänevideo bei den Müllcontainern. Josienne Clarke sitzt hinter Bowman, dreht während der ersten Strophe versonnen an ihrem Ring am Finger und singt dann leise beim Refrain mit. Diese Unmittelbarkeit gefällt mir natürlich, die Platte selbst ist dann noch um einiges kunstfertiger, ohne dass sie einem die Virtuosität ins Gesicht klatscht.
Wahrscheinlich gefällt mir an der Musik der beiden (die oberflächlich ähnlich, aber doch sehr verschieden ist), dass sie sich ganz offensichtlich nicht mehr darum kümmern, ob das, was sie machen cool ist oder was erwartet wird, sie machen es einfach. Das hat sicher auch damit zu tun, dass beide vorher in anderen Konstellationen Musik gemacht haben, die dies nicht ermöglicht haben.

Das letzte Lied der LP ist Never the end of the world. Der letzte Vers, die letzten Zeilen des Albums, haben es in sich. Hört es euch an.

Samstag, 23. November 2019

Schlank, traurig und sentimental

(Von diesen Adjektiven trifft maximal eins auf mich zu.)

Wenn auf Twitter die verehrten Robert Rotifer und Will Varley unabhängig voneinander auf eine Sängerin hinweisen, ist das für mich Grund genug, mir das einmal anzuhören.

Josienne Clarke, die wohl schon recht erfolgreich bei verschiedenen Projekten mitgewirkt hat, hat eine Solo-LP vorgestellt. Mir sind ja oft die folkigen Songwriterinnen etwas zu gefällig belanglos, hier finde ich allerdings ein neues Lieblingslied.


Und bei diesem Lied gefällt mir wie die Schreie der Seevögel in die Melodie einfließen.