Am Vatertag war ich am Abend unterwegs zum Konzert der Liga der gewöhnlichen Gentlemen. Die Band selbst kannte ich, abgesehen von ein, zwei Liedern noch nicht, aber ich war ein großer Freund von Superpunk, der Band, aus der die Liga der gewöhnlichen Gentlemen hervorgegangen ist. Der Bandname Superpunk war damals schon irreführend, sie waren zwar Super, aber eigentlich kein Punk, sondern mehr dem Northern Soul der späten Sechziger verpflichtet. Das Ganze aber mit sehr schönen deutschen Texten, die sich jedem Vergleich entziehen. Superpunk hatte ich kennengelernt, als ich einmal spätabends im Auto im Radio "Neue Zähne für meinen Bruder und für mich" gehört hatte. Ich musste rechts ranfahren, um mir das Lied in Ruhe anzuhören. Unglaublich.
(Das Konzertfoto ganz in der Amateur-Tradition dieser Seite).
Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen geht diesen Weg nun weiter. Der Bandname deutet schon an, dass das Gentlemen-Tum der Band wichtig ist. Insgesamt ist die Band hanseatisch zurückhaltend, Ansagen im Konzert werden gerne mit "Meine Damen und Herren" begonnen, der Sänger hat dann seine liebe Not mit zwei verpeilten Konzertgästen, die auch bei den Balladen herum krawallen und ihn durch falsches Mitklatschen aus dem Takt bringen. Alles gute Zureden hilft nichts (resignierte Zusammenfassung: Sind halt Berliner Gören). Als sie ihm dann aber während eines Liedes die Faust zum coolen Abklatschen hinhalten, kann der Sänger doch nicht anders, als einen Weg zu finden, während des Liedes abzuklatschen, ohne sein Gitarrenspiel zu unterbrechen.
Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ist lustig; die feine Ironie gehört ja auch zur hanseatischen Grundausstattung. Aber in einer Form, die sich nie für Schunkelwitze vereinnahmen lässt (auch wenn der Sänger in einer Ansage sagt, dass sein letzter unerfüllter Traum sei, als Biene Maja verkleidet im Kölner Karneval mitzumachen). Sie haben eine Art, unbeirrt ihr Ding durchzuziehen, unbeeindruckt davon, ob das was sie machen als cool angesehen wird oder nicht. Das finde ich sehr sympathisch. Musikalisch bewegt sich die Liga weiter im Soul und teilweise Ska der späten 60er, inzwischen etwas glatter und vielseitiger als bei den Vorgängern von Superpunk. Macht im Konzert großen Spaß, geht auch in die Beine. Begeistert haben mich das schöne Lied "Ich lass mich gehen in letzter Zeit" (wunderbarer Text), "Jeder auf Erden ist wunderschön (sogar du)" und "Alle Ampeln auf Gelb!", in dem einem Pionier der Streetart, Peter-Ernst Eiffe, gedacht wird, der Ende der 60er in Hamburg an Wände Sprüche wie "Eiffe, der Bär kommt" oder "Kein Hammer, keine Sichel, nur Eiffes Hand auf Hamburgs Michel" schrieb. Da er allerdings bei seinen Kunstwerken Visitenkarten hinterließ, wurde er bald gefasst.
Auf der neuen LP "Alle Ampeln auf Gelb!" gibt es auch ein paar programmatische Lieder, in denen die Band ihre Philosophie besser zusammenfasst, als ich das hier könnte. In "Der Amateur" heißt es: "In der Kunst sind doch oft die Interessanten/Die Underachiever und die Dilettanten" sowie "Vielleicht ergibt der Quatsch für dich keinen Sinn/Und trotzdem wurschtel ich weiter vor mich hin". In "The Out-Crowd" (einem schönen Ska-Lied) wird gesungen: "Wir wären die Größten, wären wir nicht wir" und "Wir sind unterm Radar, wir sind quasi nicht da". Diese Verweigerung, sich den normalen Musikmechanismen unterzuordnen, geht einher mit einem gewissen elitären Ansatz (oder vielleicht ist das, genauso wie die Zurückhaltung, einfach hanseatisch?). In "Rock-Pop National" wird dies sehr deutlich, als angesichts des schlechten Musikgeschmacks der meisten Menschen gefragt wird, wann denn die UNO eingreifen würde. (Eigentlich wollte ich diesen elitären Ansatz hier mit starken Worten verurteilen, irgendwie schwant mir aber, dass mir das selbst auch nicht ganz fremd ist, deswegen schweige ich hier lieber stille).
Als Zugabe spielten die Gentlemen noch das alte Superpunk-Lied "Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen".* Da ließ ich mich auch nicht auf die Knie zwingen, sondern hopste fröhlich mit. Sehr schönes Konzert.
*Wenn sie doch recht damit hätten! Wenn man viel Zeit hätte, könnte man übrigens einiges über die Rezeption des englischen Punk in Superpunk-Texten schreiben...
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