"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Sonntag, 3. August 2014

52 Bücher: Gut gegen Nordwind

1. Ich habe mich gerne bei der Blogaktion vom Fellmonsterchen angemeldet, bei der jede Woche ein Buch vorgestellt werden soll. Dieser Blog handelt ja von allen möglichen Dingen, vor allem Musik, aber auch Literatur und Comics. Bücher kommen bislang aber eher zu kurz, aus einem einfachen Grund: Buchposts sind immer extrem aufwendig. Da sitzt man ewig dran. Deswegen fand ich das Projekt sehr gut, damit habe ich immer einen gewissen Ansporn, mir die Mühe zu machen, eine Buchrezension zu verfassen. Es gibt auch genügend Bücher, die ich gerne einmal ausführlicher darstellen wollte.

2. Ganz im Sinne der elitären Politik dieses Blogs müsste das erste Buch eigentlich der Gilgamesch-Epos in der Übertragung in das Aramäische von Abdul Al-Hazred mit Holzschnitten von Goethe von der ersten italienischen Reise, aber nicht die Ausgabe, die alle haben, sondern die mit dem Druckfehler auf S. 123, sein. Tja, da hättet Ihr Euch gefreut. Aber leider ist die erste Aufgabe in dem Projekt: Was lest Ihr gerade? Und da kommt meine verhängnisvolle Neigung zur Ehrlichkeit zu tragen. Da ich im Urlaub bin, lese ich gerade verschiedene Bücher. Aus verschiedenen Gründen bleibt hier nur zu besprechen: Gut gegen Nordwind, von Daniel Glattauer.

3. Gut gegen Nordwind ist ein E-Mail-Roman, d.h. die Handlung des Buches wir nur anhand von E-Mails der Protagonisten dargestellt. Formal nicht einfach, aber Glattauer schafft das sehr souverän und unterhaltsam. Der Roman  handelt von Emmi, die zunächst eine E-Mail falsch adressiert, die bei Leo landet. Die beiden beginnen eine E-Mail-Korrespondenz, die bald zeigt, dass beide eine große Neigung zu einander haben. Allerdings ist Emmi "glücklich verheiratet" mit zwei Kindern.

4. (Unter dieser Ziffer denkt sich bitte jeder Vergleiche zu Die Leiden des jungen Werthers und dem Briefwechsel zwischen Heloise und Abelard. Diese wären sicher erhellend, dazu hätte man aber die genannten Werke irgendwann einmal gelesen haben müssen. Habe ich leider nicht. Immerhin weiß ich, dass in "Gut gegen Nordwind" keiner stirbt, wie bei Werther, und auch niemand entmannt wird, wie bei Abelard.)

5. Das Buch ist spannend zu lesen, die beiden Protagonisten werden alleine durch ihre E-Mails wunderbar charakterisiert. Der E-Mail-Roman hat gegenüber dem Briefroman auch den Vorteil, dass man  sehr kurze und schnelle dialogische Elemente aufführen kann. Das ist hier oftmals sehr amüsant. Die Hauptpersonen treffen sich das ganze Buch über nicht, ihre E-Mails versuchen deswegen unentwegt, die Lücke aufzufüllen, die dadurch entsteht, dass es keine unmittelbare Begegnung gibt. Das ist teilweise trivial, teilweise romantisch.

6. Der Soundtrack für das Buch könnte Nikki Sudden sein, mit seiner Liebe im Konjunktiv. Die Hauptpersonen kämpfen ständig damit, dass sie versuchen, ihre Beziehung einzuordnen, die doch nur virtuell besteht. Ist es höchste Übereinstimmung oder ist es letzlich gar nichts? - Die E-Mails schwanken hin und her, der Austausch wird leicht obsessiv. Die glücklich verheiratete Emmi passt genau auf, dass ihr Leo nicht zu weit geht, aber auch, dass er nicht zu nachlässig wird. Das Buch endet dann auch entsprechend (den Abschluss gibt's dann erst in der Fortsetzung).

7. Auf dem Cover steht als Rezension. "...einer der zauberhaftesten und klügsten Liebesdialoge der Gegenwartsliteratur..." In Bezug auf das klug bin ich mir nicht so sicher. Spätestens ab dem ersten Drittel des Buches fragt man sich, ob die Hauptpersonen denn wirklich so wenig Ahnung haben, was gerade mit ihnen passiert und man wünscht sich nur, dass die beiden sich wirklich einmal treffen, damit dieses vor dem Computer sitzen und schmollen einmal ein Ende hat. Mag ja sein, dass dieses sich gegenseitig von der Ferne anhimmeln romantisch ist, zumindest ich habe jedoch keine so rechte Neigung zu solchen Fluchtphantasien.

8. Allerdings ist das Buch sehr nett zu lesen und bietet einem Gelegenheit, über mancherlei nachzudenken, wenn man denn mag. Das ist doch schon was.

7 Kommentare:

  1. Schöner Artikel! Das Buch befindet sich schon seit Ewigkeiten auf meiner Wunschliste, mal sehen, wann ich endlich mal dazu komme, es zu lesen. An sich sind reine Romantikgeschichten nicht so mein Fall, aber von dem Buch habe ich schon viel Gutes gehört.

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    1. Danke! Wahrscheinlich wäre ich vor zwanzig Jahren komplett begeistert gewesen, so kann man sich nur über die Hauptpersonen wundern....

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  2. Ich habe mal ein ähnliches Buch gelesen, dabei kommunizerten die Beiden auch nur via Brief bzw. E-Mail. Zu Beginn war das zwar noch ganz nett, aber mit der Zeit fängt es an zu langweilen, va. wenn dann Einer der Beiden zu schmollen anfängt. Außerdem fand ich die Handlung irgendwann so konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, dass ich so gar keinen Spaß mehr am Liesen hatte...
    Aber du hast trotzdem eine sehr schöne Rezi über dieses, mir unbekannte Buch geschrieben! =)

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  3. Bei "Der Geschmack von Glück" beginnt die Geschichte auf diese Weise, aber am Ende treffen sie sich doch im echten Leben. So was finde ich (auf die Realität bezogen) vernünftiger, denn am Ende kann ich ja die Person am anderen Ende als Enttäuschung entpuppen.
    Furchtbar wie schnell meine imaginäre Wunschliste gerade wächst und wächst.

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    1. Zu viel Realitätsnähe darf man hier nicht erwarten...

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  4. Das Buch hab ich auch gelesen und fand es ebenfalls recht nett!

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