"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Donnerstag, 2. Juli 2015

Piss and Off!

Wieder einmal Zeit, auf ein Konzert zu gehen. Habe ich schon mal erzählt, dass Pankow Rock City ist? Am Dienstag habe ich zweimal Eddie Argos getroffen, der mit Nachwuchs im Park unterwegs war, in der S-Bahn nach Hause war Jürgen Trittin, das ist doch schon fast wie in Hollywood.

In Kreuzberg spielten Off! mit der Vorgruppe Piss (quasi Piss Off!, gettit?) der Arbeitstag war gräßlich gewesen, also war so ein Konzert genau das Richtige. Den Sänger von Piss habe ich vor zwei Jahren mal bei einem Flag-Konzert getroffen; es gibt über ihn einen eigenen Beitrag bei Ackerbau in Pankow, das können außer meinen Söhnen und F., der es aber hasst, in meinem Blog vorzukommen, nur wenige Leute von sich sagen. Piss spielten etwa eine halbe Stunde, sehr brachialer Punkrock, der an Discharge und andere 80er Bands erinnerte. Für mich war das an dem Tag genau das Richtige. Ich habe dann noch ein bisschen mit Robin, dem Sänger, geplaudert, der aber inzwischen nicht mehr wie früher in Pankow, sondern in Friedrichshain wohnt.

Danach Off! Off! ist die Band von Keith Morris, der vor einigen Jahrzehnten der erste Sänger von Black Flag (und dann später von den Circle Jerks) war. Bei Black Flag ist er eher im Unfrieden ausgeschieden, auf der LP "Everything went black", auf der die frühen Aufnahmen zusammengefasst werden, taucht er in den Liner notes nur als "Johnny Bob Goldstein" auf und der Bassist Chuck Dukowski schrieb dazu (relativ frei erfunden), Johnny Bob habe seine Gitarre zerschlagen und erklärt, nie mehr singen zu wollen. Dukowski schrieb für Keith/Johnny Bob dann auch noch ein Lied "You bet we've got something personal against you". Keith Morris war also aus dem Bandarchiv  ausgelöscht, mit "Nervous Breakdown" hat er aber eine der besten Black Flag-Singles aufgenommen. (Inzwischen vertragen sich aber alle - mit Ausnahme von Gitarrist Greg Ginn, der inzwischen wohl keine Freunde mehr hat - wieder, über die Chuck Dukowski/Keith Morris-Reunion habe ich ja schon berichtet). Der Name Black Flag kam von einem Insektenvertilgungsmittel, Off! ist ebenfalls ein Insektizid, so dass man die Band als den Versuch sehen kann, an die alten US-Hardcore-Zeiten vor 1981 anzuknüpfen. Off! bedient sich daneben - wie die frühen Black Flag - bei dem Artwork von Raymond Pettibon (dem Bruder von Greg Ginn).

Morris muss ja inzwischen auch gut 60 Jahre alt sein, ich habe schon an anderer Stelle beschrieben, dass es für Männer mit starker Glatzenbildung ein geschickter Move ist, sich bei dem verbleibenden Haarkranz Rastazöpfe wachsen zu lassen. Morris wirkt aber fit und sehr präsent, wie ein kleiner böser Kobold.  Ich habe erst letzthin gehört, dass Morris Vater am South Bay ein Anglergeschäft hatte, in dem Morris auch ausgeholfen hat (um hier noch ein weiteres irrelevantes Faktum unterzubringen). 

Das Konzert war sehr kraftvoll, kurze schnelle Lieder, hat Spaß gemacht. Ein paar junge Leute begannen zu tanzen, leider auch im 80er Style, sprich mit geballten Fäusten wild im Kreis herumhüpfend. Da ich inzwischen auch nur noch den Gymnasiasten-Pogo gewohnt bin, der ansonsten bei den Konzerten herrscht, habe ich mich lieber etwas nach hinten verzogen. 

Mit dem Mann am Merchandise-Stand habe ich mich dann auch noch ein bisschen unterhalten. Off! waren zwei Tage vorher in Athen, Merch-Man meinte, alle seien total ausgeflippt, weil das ganze Land unter enormer Anspannung steht. Am gleichen Tag ging es dann nach Dänemark weiter. Neben den Bandshirts mit dem Pettibon-Artwork gab es auch ein merkwürdiges, auf das das Bild eines Schweines mit Messer und Gabel zusammen mit italienischer Aufschrift gedruckt war. Auf Nachfrage erzählte mir Merch-Man, dass das das Shirt eines italienischen Restaurants sei, des Lieblingsrestaurants der Band. Der Inhaber, ein Opa, sei Off!-Fan und habe alles mögliche Band-Merchandise gegen diese T-Shirts getauscht. Das Restaurant sei  ein Überbleibsel der 50er Jahre, aber das Essen sei fantastisch. Merch-Man und ich waren uns einig, dass das eigentlich das richtige Punk-Konzert-T-Shirt sei. Langweiler erkennt man an den angesagten Band-Shirts. Gut sind T-Shirts erst dann, wenn die anderen Konzertbesucher sich nicht schlüssig werden, ob der Träger ein Idiot ist oder vielleicht noch viel cooler als man selbst. (Preisträger in dieser Kategorie ist vielleicht der Typ, der vor zwei Jahren mit einem Robbie Williams-T-Shirt auf einem Black Flag-Konzert war). 

Ein schöner Abend. Mit dem Taxi dann zurück nach Pankow Rock City.

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