2018 war für mich musikalisch überraschendes Jahr. Ich habe wahrscheinlich schon über dreißig Jahre lang kaum Alben gekauft, die neu herausgekommen sind. 2018 hat mir allerdings sogar fünf Neuerscheinungen beschert, die meisten davon sogar von Leuten, die jünger sind als ich. Wie kommt es, dass ich inzwischen wieder kontemporäre Musik höre? Im Wesentlichen dadurch, dass ich viel auf Konzerten war und einige Bands gesehen habe (ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich ansonsten interessante Musik kennenlernen könnte).
Also meine persönliche Top 5 des Jahres 2018 (in no particular order):
Frank Turner - Be more kind
Ich sehe Frank Turner ja immer gerne live, mag aber seine frühen Platten lieber als die späten. Er bewegt sich ja musikalisch immer weiter in den Mainstream, channelt seinen inneren Springsteen und probiert auf Be more kind auch ein paar Ausflüge in den 80er Pop. Trotzdem mag ich die neue Platte sehr gerne. Be more kind ist ein schönes Motto für diese schlimmen Zeiten und Frank Turner hat ein paar schöne politischen Lieder untergebracht. Ein schönes Album.
Robert Rotifer - Unter uns
Robert Rotifer, der seit langer Zeit im UK lebt, hat ein deutschsprachiges Album mit fragiler Gitarrenmusik aufgenommen, das den Brexit behandelt. Die Lieder haben sich bei mir im Kopf festgehakt, sie sind auch außerhalb des UKs ein Soundtrack für eine Zeit, in der alles, was man für selbstverständlich und gegeben angesehen hat, zerbricht und zerbröckelt. "Ohne Not" ist ein Lied über das ich lang und viel nachgedacht habe.
Art Brut - Wham! Bang! Pow! Let's Rock out!
Art Brut, die 2005 mit Bang! Bang! Rock & Roll großen Erfolg im UK hatten, haben 2018 ihr erstes Album seit 2011 herausgebracht. Der Sänger Eddie Argos wohnt ja seit einiger Zeit in Pankow, die Band war mir aber schon aufgefallen, bevor ich das wusste. Ein Art Brut-Song war in gewisser Weise mein Ansporn, 2010 meine damalige Arbeit zu kündigen, allein dafür bin ich der Band dankbar.
Art Brut haben es mit der neuen LP geschafft, eine intelligente Britpop-Platte zu machen, die offenbar diejenigen anspricht, die nunmehr Mitte oder Ende Dreißig sind und sich noch einmal mitreißen lassen wollen. Und Art Brut schaffen das auch gut, ohne große Anwanzerei, ohne zu sehr in Nostalgie zu verfallen und ohne Altherrenmusik zu machen. Das ist schön. Musikalisch hören sich Art Brut abwechslungsreich wie nie an, es finden sich Punk, Britpop und Northern Soul. Und wo findet sich schon ein Lied mit dem Refrain "Kannst du bitte die Luft aus dem Glas lassen?"
Nightingales - Perish the thought
Die Nightingales sind in dieser Auflistung die Ausnahme, weil zumindest der Sänger Robert Lloyd älter ist als ich. Vor Jahrzehnten hatte ich mal die erste LP gekauft, tatsächlich habe ich dann erst vor einiger Zeit festgestellt, dass es die Band noch gibt. Und ich muss sagen, dass ich sehr begeistert war. Die Nightingales verarbeiten für ihre Musik alle möglichen Einflüsse und Stile, trotzdem bleibt die Band immer klar erkennbar. Sie tun das mit großer Könnerschaft. Darüber ist Robert Lloyds Stimme, die von tiefsten Tiefen bis zu hohem spröden Vibrieren alles kann. Bei den neueren Aufnahmen oft im Duett mit der Schlagzeugerin Fliss Kitson. Das Ganze erinnert mich (weniger von der Musik, als vom grundsätzlichen Ansatz) an den Gun Club. Eine LP, die man wahrscheinlich ein paar Mal anhören muss, aber die einem dann nachhaltig im Gedächtnis bleibt.
Sean MacGowan - Son of the Smith
Der Jüngste der hier vertretenen Runde mit seinem Debutalbum. Viel jugendliche Energie, schöne Melodien, gute Texte. Gerne gehört im letzten Jahr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen